ANLAGEN & KOMPONENTEN



Berührungslose Fliehkraftdichtungen

Schutz vor Staub und Flüssigkeiten bei rotierenden Anlagen

Wellen in Werkzeugmaschinen, Getrieben und Turbinen sowie Motorspindeln stellen die Dichtungstechnik vor eine große Herausforderung. Denn durch die Rotationsbewegung werden gewöhnliche, schleifende Lagerisolatoren einer rapiden Abnutzung ausgesetzt, während beim Einsatz kontaktfreier Varianten in der Regel Abstriche in Bezug auf die Dichtheit hingenommen werden müssen. Um diesem Dilemma zu entgehen, entwickelte Inpro/Seal, der US-amerikanische Erfinder der ersten Lagerschutzdichtung, das patentierte Konzept seiner berührungslosen Labyrinthdichtungen. 

Diese bestehen nur aus zwei bis drei Komponenten und sind vollkommen verschleißfrei. Außerdem sind sie in horizontaler Lage von innen und außen, sowohl im statischen als auch im dynamischen Betriebszustand, nach der Schutzklasse IP66, zu 100 Prozent fremdkörper- sowie wasserdicht. Bei besonders hohem Staub- oder Druckaufkommen kann zusätzlich eine Sperrluftunterstützung integriert werden, während optionale Erdungsringe auch bei elektrischen Motoren einen sicheren Betrieb gewährleisten. Als technischer Servicepartner vertreibt die KTN Kugellagertechnik Neely die Dichtungen im deutschsprachigen Raum und entwickelt individuelle Anwendungslösungen für ihre Kunden.

Laut einschlägigen, vom Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) publizierten Studien ist ein durch unzuverlässige Dichtungen hervorgerufenes Lagerversagen die häufigste Ursache für industrielle Motor- und Pumpenausfälle. Die meisten Dichtungen an Wellen von Werkzeugmaschinen, Prozesspumpen und an Motorspindeln sind, aufgrund der hohen Drehzahlen, entweder extrem verschleißbehaftet oder können im Falle einer berührungsfreien Konstruktion keine 100-prozentige Dichtheit während des Stillstands garantieren. Hinzu kommt, dass sich die Installation aufwändiger und massiver Lagerisolatoren häufig sehr kompliziert gestaltet und diese sich für viele spezifische oder platzsparende Anwendungen schlichtweg nicht eignen. Mit den patentierten Labyrinthdichtungen des Herstellers bietet KTN dagegen Lösungen, die sowohl nach Schutzklasse IP66 zuverlässig gegen Staub und Flüssigkeiten abdichten als auch in unterschiedlichen Größen, Varianten und Materialien verfügbar sind. So kann speziellen Anforderungen, wie besonders kleinen Maßen, sehr hohen Drehzahlen, Korrosionsbeständigkeit, Sperrluftintegration, ATEX-Eignung oder Lagerstromschutz, individuell begegnet werden.

Bei den patentierten Lagerisolatoren aus dem Hause Inpro/Seal handelt es sich um sogenannte Fliehkraftdichtungen. Dies bedeutet, dass eingedrungene Schmierstoffe, Flüssigkeiten und Stäube, durch ein Zusammenwirken des komplexen Aufbaus mit der Zentrifugalkraft innerhalb der Dichtung, in Kammern gedrückt und über Nuten wieder zurück ins System geführt beziehungsweise nach außen hin weggeschleudert werden. Zwischen den beiden einander nicht berührenden Komponenten der Labyrinthdichtung befindet sich ein O-Ring aus VBX, der an Rotor und Stator anliegt und den Zwischenraum so im bewegungslosen Zustand zu 100 Prozent abdichtet. Auf eine Schmierung der Oberflächen kann gänzlich verzichtet werden, sodass die Anwendung auch nicht durch die Eigenschaften der Schmierstoffe und die zulässige Temperaturspanne eingeschränkt wird.

Standardmäßig werden die Inpro/Seal-Dichtungen aus Bronze gefertigt, die sich durch ihre hohe Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit auszeichnet. Je nach individueller Anwendung – etwa bei hochdrehenden Spindeln, besonders starken Temperaturspitzen, im ATEX- oder Lebensmittelbereich sowie bei Anforderungen an ein möglichst geringes Eigengewicht – kann das Material jedoch variieren. So sind neben Bronze oder Messing auch Aluminium, Niro-Stähle, Titan, spezielle O-Ringmaterialien oder Kombinationen dieser Werkstoffe möglich. Bei hohen Drehzahlen muss das Rotormaterial angepasst werden und beispielsweise aus einem speziellen Stahl bestehen, damit er während des Betriebs nicht aufweitet.

Steht die Dichtung unter großem Druck von außen, kann zusätzlich Sperrluft in das System integriert werden. Dies geschieht durch eine radiale Bohrung, die bei Nichtbenutzung einfach mit einem Stopfen verschlossen werden kann. Für eine effektive Sperrluftunterstützung genügt bei den Labyrinthdichtungen ein Druck von lediglich 0,3 bar über Atmosphärendruck. Insbesondere für den Betrieb an elektrischen Motorspindeln können überdies spezielle Erdungsringe (CDR) angebracht werden – entweder nachträglich von außen oder als sogenannte Motor Grounding Seal (MGS) in die kompakte Konstruktion der Dichtung integriert. 

Der CDR hält einen kontinuierlichen Erdungskontakt und leitet auftretende Wellenströme auf diese Weise zuverlässig ab; Motorlager und gekoppelte Maschinen bleiben vor zerstörerischen Wälzlagerschäden, wie Schäden an Getriebeverzahnungen durch Entladungen, geschützt. Die als einzige Komponente verschleißbehafteten Kohlestifte sind dabei von außen zugänglich und können über eine Verschraubung unkompliziert ausgetauscht werden.