MECHANISCHES & THERMISCHES

Austausch eines Gewebekompensators im 
Retrofit-Projekt

Kompensator für den Heißgasbereich



Kompensatoren sind ein entscheidendes Bauteil, die für das Funktionieren einer Anlage maßgeblich sind. Sie müssen in der Regel viel leisten, gerade was hohe Temperaturen, dynamische Bewegungen, Spannungen oder aggressive Medien angeht. Gerade diese Umstände führen dazu, dass Kompensatoren Verschleißteile sind, die nach gewisser Zeit ersetzt werden sollten. Der Austausch muss gut geplant und der neue Kompensator optimal auf die vorherrschenden Einbaubedingungen angepasst werden. Ein solches Retrofit-Projekt bewerkstelligte Frenzelit, Hersteller von Dichtungen, technischen Textilien, Isolationen sowie Kompensatoren.

Ausgetauscht werden sollte ein Gewebekompensator am Eingang eines Abhitzekessels einer Gas- und Dampfturbinenanlage (GUD-Anlage) in einem Aluminiumwerk in Dubai. Bei sehr energieintensiven Industrien, wie der Verarbeitung von Aluminium, setzen die Betreiber im Mittleren Osten häufig auf die Wirkweise einer GUD-Anlage, die besonders viel Energie bereitstellt. Eine Gasturbine wandelt fossile Energieträger wie Gas oder Öl in eine Rotationsenergie um; diese treibt einen Generator an, um Strom zu erzeugen. Als Abfallprodukt dieses Prozesses fallen heiße Abgase an, die wiederum als Restwärme eine Dampfturbine betreiben und so über einen weiteren Generator ebenfalls Strom erzeugen. Die 500 bis 600 Grad Celsius heißen Abgase aus der Gasturbine geben über einen Wärmetauscher ihre Energie an einen Wasserkreislauf ab. Das Wasser wird so zum Kochen gebracht und der entstehende Dampf erzeugt wiederum eine Rotationsenergie, die über die Dampfturbine in Strom umgesetzt wird. Die Kopplung beider Systeme ermöglicht einen Wirkungsgrad, der über eins liegt, das heißt, auf diese Weise kann deutlich mehr Energie erzielt werden als mit einer einzelnen Gas- oder Dampfturbine.

Beim Übergang von der Gasturbine zur Dampfturbine kommt ein Gewebekompensator als Verbindungsstück der Systeme ins Spiel. Dort sitzt ein Abhitzekessel, in dem den heißen Gasen die Energie entzogen wird. In Folge der hohen Temperaturen am Eingang treten Spannungen auf, weil sich Metall bei Erwärmung ausdehnt. Der Kompensator fungiert hier als Schnittstelle, an der diese Spannungen aufgenommen und ausgeglichen werden. Das flexible Bauteil muss extremen Bedingungen standhalten, beispielsweise hohen Temperaturen, großen Bewegungen, hohen Spannungen und Ausdehnungen. Dabei hat der Kompensator beträchtliche Ausmaße: 5,7 mal 5,7 Meter. Er besteht aus isolierten Stahlkanälen, in die Gewebelagen über Flansche integriert werden. Wichtig ist, die Flanschverbindungen durch geeignete Konstruktion und Isolierungen vor zu viel Hitze zu bewahren. Generell gilt bei Kompensatoren im Heißgasbereich, dass eine für das Gewebe erträgliche Temperatur insbesondere im Einspann-, also Verbindungsbereich erreicht wird. Der Balg in der Mitte des Kompensators ist durch die verschiedenen Gewebelagen – in diesem Fall insgesamt 11 Lagen, 22 Millimeter Dicke – für eine hohe Temperatur ausgelegt. Insbesondere kommen hier Glasgewebe und Isolierlagen zum Einsatz, die zwischen 500 und 700 Grad Celsius aushalten. Weiter außen, je näher die Flansche liegen, muss jedoch nach und nach die Temperatur abgebaut werden, denn es folgen gasundurchlässige PTFE-Schichten, um das System auch dichtzuhalten, die bis maximal 250 Grad ausgelegt sind. Dass diese Temperaturgrenze im Einspannbereich zwischen Stahlkanal und Gewebelagen nicht überschritten wird, ist auf konstruktivem Wege zu lösen.


Der Kompensator an sich wiegt ca. 380 Kilogramm. Hinzu kommen noch weitere Isolierpackungen (mit Isolierwolle gefüllte Kissen) im Inneren, die die Anwendungstemperatur ebenfalls weiter senken und mit 300 bis 400 Kilogramm pro Stück zu Buche schlagen. Der Austausch eines solchen Kolosses an einer bestehenden Anlage ist also eine Herausforderung. Frenzelit kennt sich mit den Unwägbarkeiten eines Kompensatoren-Austauschs bestens aus. Ein Kompensator dieser Größe verändert einiges an der grundsätzlichen Konstruktion: Die Fundamente setzen sich, es ergeben sich Verschiebungen. Es war auch in diesem Fall nicht möglich, den Original-Kompensator genau zu duplizieren, die Einbausituation vor Ort musste vielmehr von Experten genau geprüft werden. Eine neue Aufmaßskizze wurde angefertigt, Versätze wurden berechnet und geprüft.

Keine Standards bei Gewebekompensatoren 

 Das Besondere an Gewebekompensatoren ist ihre Einzigartigkeit: Hier gibt es keine Normen, Größen und Standards, sondern jeder Gewebekompensator ist immer individuell auf die jeweilige Anwendung ausgelegt. Dazu kommt die sich über die Jahre verändernde Einbausituation, die Retrofit-Projekte vom Planungsaufwand her in die Nähe zu Neubau-Projekten rückt. Was jedoch die Integration eines Kompensators bei einem Retrofit-Projekt deutlich von einer neu gebauten Anlage unterscheidet, ist die herausfordernde Montage. Häufig erfolgt der Austausch in großen Höhen, was angesichts der Dimensionen und des Gewichts des Kompensators kein leichtes Unterfangen ist. Es herrschen beengte Platzverhältnisse; die Service-Mitarbeiter müssen sich auf Gerüsten anseilen und den Kompensator vertikal einbauen. Dazu gehört auch eine körperliche Fitness seitens der Montagekräfte.

 Eine Besonderheit bei diesem Projekt war zudem die Beschaffenheit der Flansche, die nach innen zeigten. Dadurch erhält der Kompensator eine hohe Wölbung. Solange er beim Einbau noch nicht unter Druck steht, müssen sämtliche Packungssysteme unterfüttert und mit dem Kompensator fachgerecht verschraubt werden, damit keine thermischen Lücken entstehen. Hinzu kommt, dass sowohl der Gewebekompensator als auch die Isolierpackungen über Stehbolzen montiert werden mussten, die zum Teil korrodiert waren. Sie wurden zunächst abgeflext, neu eingeschweißt und ausgerichtet. In dem Projekt steckten somit viel Montagearbeit und Stahlbau, um wieder eine funktionstüchtige Verbindung mit dem neuen Kompensator ermöglichen zu können.