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​Flexibilität durch Pick-and-Place Technologie

Pralinen-Packstraße

Bei den fantasievollen Kreationen des dänischen Süßwarenherstellers Toms kommen Schokoladenfans auf ihre Kosten. Ein edles Spezialassortiment lässt gar die Wahl zwischen 24 verschiedenen Pralinen pro Tray. Eine Pralinen-Packstraße von Schubert unterstützt seit diesem Jahr die Mitarbeitenden von Toms in Polen beim Beladen dieser Trays.

Sechs F4-Roboter greifen die Pralinen von jeweils zwei Zuführbändern und platzieren sie in Trays. Quelle: Gerhard Schubert GmbH

Eine Schachtel „Anthon Berg“ lässt keine Wünsche offen: Folierte und befüllte Pralinen liegen dicht an dicht neben unfolierten Varianten mit knusprigem Topping. Die süßen Verführungen bilden nur eine Facette des reichhaltigen Portfolios von Toms: Das in Dänemark ansässige Unternehmen stellt neben Schokolade auch Lakritz und Weingummis her, die Abnehmer aus der ganzen Welt mit immer neuen Kreationen begeistern – und das seit hundert Jahren. 1924 legten die Apotheker Hans Trojel und Victor Hans Meyer in Kopenhagen den Grundstein des später größten dänischen Süßwarenherstellers. Dessen Produktion läuft auf Hochtouren: die Schokoladen- und Süßwarenherstellung beläuft sich auf jährlich 40.000 Tonnen. 

Toms punktet jedoch nicht nur mit vielseitigen Produkten, Texturen und Geschmackrichtungen. Im Lauf seiner Geschichte machte sich das Unternehmen einen Namen mit aufmerksamkeitsstarken Verpackungen, die Verbraucher stets mit neuen Designs überraschten. So setzten einfache Umverpackungen für Schokolade, darunter die landesweit bekannte „Skildpadde“ (dänisch für Schildkröte), althergebrachten, materiallastigen Varianten ein humorvolles Ende. Die klare Formensprache, die im Regal beeindruckte, ging nicht zuletzt auf Victor B. Strand zurück. Der Visionär und Marketingexperte übernahm Toms 1942 und läutete mit seinen Innovationen eine neue Ära beim Süßwarenhersteller ein.

Mit Pralinen in die Genussoffensive

Den kreativen Geist der damaligen Zeit spiegeln heutige Kreationen wider. Pralinenassortiments der Reihe „Anthon Berg“ beispielsweise erfreuen Gaumen und Auge gleichermaßen: Die Pralinen liegen in Trays, die 24 der kleinen Schokoladenerzeugnisse Platz bieten und sie dem Verbraucher ansprechend präsentieren. Bei Toms kommen 14 verschiedene Traygrößen zum Einsatz, die Mitarbeitende am polnischen Produktionsstandort händisch in die Transportkette legen. Die Pralinen selbst nehmen sie von Tabletts und platzieren sie auf Produktzuführbändern. Auch die späteren Verkaufsschachteln bestücken Mitarbeitende manuell mit den unterschiedlich befüllten Trays. Bis zu 18 verschiedene Varianten kann Toms mit den 24 Pralinen erstellen.

Bei so vielen Trays und teils engen Kavitäten ist höchste Präzision gefragt: Liegt ein Tray falsch, kann es vorkommen, dass eine Praline beispielsweise auf einem Steg statt innerhalb der Kavität liegt. Pralinen können dadurch Schaden nehmen und unerwünschten Ausschuss begünstigen – zum Leidwesen für die gesamte Produktion, bei der Toms einen konstant hohen Durchsatz anstrebt. Umso näher lag es, dass Toms sich nach einer zuverlässigen Lösung zur Traybeladung umsah, die selbst bei großer Produktvielfalt exakt arbeitet. Die Flexibilität der Packstraße spielte eine ebenso wichtige Rolle: Weil das Unternehmen mit 14 Traygrößen arbeitet, mussten sich die Werkzeuge der Picker-Roboter ohne Zeitverlust umrüsten lassen.

Sechs F4-Roboter greifen die Pralinen von jeweils zwei Zuführbändern und platzieren sie in Trays. Quelle: Gerhard Schubert GmbH

Bildverarbeitung mal zwei

„Für Pick-and-Place-Technologie war es naheliegend, zuerst bei Schubert nachzufragen“, berichtet Dominik Jakubiak, Projektleiter bei Toms. „Zumal wir bereits ein ähnliches Projekt mit Schubert erfolgreich durchgeführt hatten. Dabei vertraten wir ein anderes Unternehmen auf dem polnischen Markt.“ Im Fokus der Projektverantwortlichen bei Toms: Eine Pralinenpackstraße, die eine Orientierungskontrolle der Trays am Einlauf ermöglicht – und die Packmittel am Auslauf zusätzlich auf Vollständigkeit prüft. 

Schubert hat sich mit Packstraßen für Pralinen bereits vor 50 Jahren einen Namen gemacht. „Das deutsche Unternehmen ist der Erfinder der Pralinen-Packstraßen und Pickerlinien“, betont Adam Cichuta, ebenfalls Projektleiter bei Toms. Entsprechend schnell wussten die Crailsheimer zu helfen. Der Maschinenhersteller bietet eine Reihe ausgeklügelter Scanner für Packstraßen, vom 2D Auflicht-Scanner für die Farb- und Oberflächenkontrolle bis zum 3D-Scanner für das exakte Erfassen von Höhe, Form und Farbe. Ein 2D-Scanner erwies sich bei Toms als Mittel der Wahl: Dieser erkennt das Farbbild und die Form der verschiedenen Pralinen zuverlässig und prüft so auch deren Qualität. Fehlerhafte Schokokreationen werden nicht von den Pick-und-Place-Robotern aufgenommen und gelangen erst gar nicht in den Handel. 

Mit sechs flexiblen Robotern und sechs 2D-Scannern setzt die Packstraße bis zu 529 Pralinen pro Minute in händisch zugeführte Trays. Nur korrekt aufgelegte Trays werden von den Robotern beladen, um beschädigte Produkte zu verhindern; falsch orientierte Trays sortiert die Anlage umgehend über ein effizientes System aus. Ausgeschleuste Trays passieren dabei eine Lichtschranke. Diese löst ein entsprechendes Signal an das Bedienpersonal aus, das die Trays aus dem Prozess nimmt. 

Trays stehen bei Toms insgesamt unter strenger Beobachtung und werden von jeweils einer separaten Kamera auf die richtige Position am Einlauf und später am Auslauf auf Vollständigkeit kontrolliert. Fehlen Pralinen oder haben sie Mängel, schleust die moderne Packstraße die betreffenden Trays schonend aus. Dazu kippt das Transportband kurz nach unten und führt die Trays einem Pufferband zu. Hier kann das Bedienpersonal die flachen Packmitteln entnehmen oder nach Bedarf auffüllen. Anschließend gelangen die Trays mit ihrem süßen Inhalt wieder in den Prozess zurück.

Die teils engen Kavitäten der Trays erfordern höchste Präzision. Quelle: Gerhard Schubert GmbH

Mit Packstraßen punkten

Was zwischen Ein- und Auslauf passiert, zeigt die Packstraßen-Kompetenz von Schubert: Die im Juli 2024 gelieferte Anlage spielt die Stärken des Unternehmens im Pick-and-Place mit sechs wendigen Vierachs-Robotern und dem dazugehörigen Visionsystem sowie einer ausgeklügelten Zuführung und Vereinzelung der Pralinen voll aus. Jedes Produkt-Zuführband verfügt über einen sogenannten Spreizrechen zur Vereinzelung der Pralinen. Die Rechen sind quasi die „rechte Hand“ des Bildverarbeitungssystems. Denn nur wo Einzelprodukte eindeutig als solche zu erkennen sind, können Scanner sie akkurat erfassen. Die händisch auf die Zuführbänder gelegten Pralinen müssen deshalb Mindestabstände einhalten; die Spreizrechen sorgen dafür, dass dies der Fall ist.

Hinter den einfach zu reinigenden Vorrichtungen heißt es fortan picken, picken, picken. Mit Hochgeschwindigkeit greift jeder F4-Roboter folierte wie nicht folierte Pralinen von jeweils zwei Zuführbahnen und platziert sie passgenau in die vorgesehenen Tray-Kavitäten. Die Roboter erfassen die Drehlage der Produkte in Sekundenbruchteilen und legen sie dort ab, wo sie hingehören. „Roboter bieten einen entscheidenden Vorteil: Sie lassen sich mit schnell wechselbaren Saug- und Greifwerkzeugen bestücken, so dass sie unterschiedliche Pralinen schnell, zuverlässig und vor allem schonend aufnehmen und wieder absetzen – präziser als jeder Mensch“, weiß Raphael Paczulla, Projektleiter bei Schubert.

Werkzeug wechsle dich

Die Werkzeuge sind so ausgelegt, dass sich mit einem zwei unterschiedliche Pralinentypen aufnehmen lassen. Toms muss die Werkzeuge demnach nur selten wechseln. Führt einmal kein Weg daran vorbei, können Anlagenbediener die passenden Werkzeuge innerhalb weniger Minuten tauschen. „Zusammen mit Toms haben wir uns die Pralinen angeschaut, unterschiedliche Pick-Vorgänge getestet und so schrittweise festgelegt, welche Produkttypen wir zusammen picken können“, berichtet Lukas Hug, Vertriebler bei Schubert. „Die Konstrukteure aus Crailsheim wissen aus Erfahrung, welche Werkzeuge sie für welche Anwendung nutzen können – und fanden dadurch schnell die passenden Komponenten für Toms.“ Für den Pralinenhersteller bedeutet dies eine durch und durch erprobte Packstraße.

Den Robotern spielt jedoch eine weitere Spezialität aus dem Hause Schubert in die Werkzeuge: der Kettentransport verfügt über spezielle fingerartige Greifer, die die Trays von unten an den Kavitäten durch die Packstraße führen. So haben die Schalen einen durchweg festen Stand – eine wichtige Voraussetzung, um die Pralinen exakt zu positionieren. Denn allzu viel Spielraum haben die Roboter nicht: Die engen Kavitäten lassen nur geringe Toleranzen zu. Umso mehr kommt es darauf an, dass die Trays während des Beladens fest an ihrem Platz liegen.

Bei so viel Innovation darf eine fachmännische Einführung nicht fehlen: Service-Monteure von Schubert schulten das Bedienpersonal vor Ort – in Landessprache, versteht sich. „Durch einen vorgefertigten Trainingsplan und das Know-how der Schubert-Experten konnte das Team die Packstraße schnell, effizient und professionell bedienen“, so Cichuta. Seit Mitte Oktober pickt Toms erfolgreich erlesene Pralinen mit Schubert-Robotern. „Genau das wollten wir erreichen: schlank produzieren, wenig umrüsten und die Pralinen nicht beschädigen“, zieht der Projektleiter Bilanz. So haben in der Premiumschachtel alle Pralinen ihren Platz – und Naschkatzen ihre helle Freude.

Eine Packung „Anthon Berg“ lässt keine Wünsche offen
Quelle: Gerhard Schubert GmbH

Zahlen und Fakten


  • Rund 40 Tonnen Schokolade und Süßwaren stellt Toms pro Jahr her – darunter auch Lakritz, Wein- und Kaugummi.
  • Dank Schubert verarbeitet Toms 44 Trays pro Minute.
  • 14 Traygrößen und 24 Produkte führen bei Toms zu 18 unterschiedlichen Trayvariationen