ANLAGEN & KOMPONENTEN



Optimierte Oberflächen für sensible Branchen

Apparate und Behälter in Pharma-, Lebensmittel- und Verfahrenstechnik

Die Oberflächenbeschaffenheit beeinflusst maßgebend die chemischen und physikalischen Eigenschaften von Edelstählen. In sensiblen Branchen, wie der Lebensmittel und Pharmaindustrie gewinnen Fachbegriffe wie EHDG oder auch das Hygienic design immer mehr an Bedeutung. Hintergrund ist, dass Betreiber eine Verschleppung von Partikeln und die somit verbundene Kontamination ihrer Charge tunlichst vermeiden möchten. Einer der entscheidenden Faktoren stellt hierbei das Reinigungsverhalten von Oberflächen und das hiermit verbundene Anhaftverhalten von Partikeln dar. Doch welche Faktoren beeinflussen die Anhaftung von Partikeln an hygienischen Oberflächen und wie können diese Faktoren optimiert werden?


Bolz Intec aus Eisenharz/Argenbühl produziert seit vielen Jahren Behälter und Sonderkonstruktionen aus Chrom-Nickelstählen und hat sich genau diese Fragen gestellt und die Eigenschaften von Oberflächen in mehrjähriger Forschungsarbeit in Kooperation mit der Hochschule Konstanz untersucht. Hierbei wurde neben dem üblichen Rauhheitsprofil von Oberflächen, welches derzeit als Hauptmerkmal bei der Beschreibung von Oberflächenqualität verwendet wird, ein Augenmerk auf weitere Faktoren wie Beispielweise deren finale Oberflächenenergie in Betracht gezogen und genauer untersucht. 

Stand der Technik ist die derzeitige Beurteilung der Oberflächen mit zerstörungsfreien Prüfungen, wie der Rautiefenmessung in Verbindung mit einer optischen Prüfung. Doch gibt es neben diesen, weitere Kriterien, welche nicht außer Acht gelassen werden sollten. Unter anderem wäre hierbei die Art und Weise, wie die Oberfläche veredelt wird zu betrachten. So wurde herausgefunden, dass unterschiedliche Schleifmethoden in der Endbeurteilung der Oberfläche unterschiedliche Anhaftverhalten aufweisen, obwohl der Ra-Wert beider Oberflächen derselbe ist. Nun war klar, dass die Art und Weise wie das Material abgetragen wird, hier eine wichtige Rolle spielt. Als Versuch wurde entgegen des üblichen manuellen Schleifens, der Behälter mit einem automatisiertem Schleifprozess über einen langen Zeitraum geschliffen. Dieser feine Abtrag über einen längeren Zeitraum hatte eine geringere Anhaftung und somit eine bessere Reinigung zur Folge. Dieser wurde im weiteren Verlauf der Untersuchung als finale Oberflächenenergie bezeichnet.


Die aus diesen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse hat sich Bolz Intec zu nutzen gemacht und ein Verfahren entwickelt, bei welchem der zuvor erwähnte, geringe konstante Abtrag über einen langen Zeitraum, teilautomatisiert erreicht wird. Das Verfahren wurde mit Optimized Grind Finishing bzw. OGF-Verfahren betitelt. Der Abtrag im Behälter wird mit geometrisch unbestimmten Schleifkörpern, welche sich im Inneren des Behälters bewegen, erzielt. Großer Vorteil dieses Verfahrens ist es, dass die Oberfläche neben ihrer herausragenden Qualität, reproduzierbar ist. Man ist unabhängig von unbestimmten Variablen, wie als Beispiel der händische Anpressdruck beim konventionellen Schleifen durch einen Mitarbeiter oder der Qualität von einzelnen Schleifmitteln. Wichtig war Bolz Intec, dass im Endergebnis eine definierte Rautiefe, bei geringer Tiefenbeeinflussung des Gefüges und einer optisch ansprechenden Oberfläche erreicht wird. 

Wie im Bild 2 zu sehen ist, sind diese Unterschiede auch optisch zu erkennen. Als Vergleich hat man hier eine mit dem konventionellen Schleifverfahren erzeugte Oberfläche herangezogen und diese mit dem OGF-Verfahren verglichen. Bei dieser Untersuchung wurden die Oberflächen in Anlehnung an die DIN EN ISO 25178 mit einem optischen 3D-Messsystem untersucht und anhand einer Falschfarbendarstellung visualisiert. Hierbei ist zu erkennen, dass beim OGF-Verfahren keine lineare Schleifrichtung vorliegt. Dies hat zur Folge, dass die Höhenunterscheide der Oberfläche deutlich geringer ausfallen als beim Vergleichsmodell. In Bild 3 wird dies anhand einer Rautiefenmessung gezeigt. Im Elektronenmikroskop wurden weitere Veränderungen sichtbar wie im Bild 4 zu erkennen ist. Es treten beim üblichen Schleifverfahren Ungänzen in den Oberflächen auf. Durch den sehr feinen und schonenden Abtrag werden diese Fehler deutlich reduziert.


Im weiteren Verlauf der Untersuchungen wurden diese Oberflächen noch weiter veredelt und einem Elektropolitur Verfahren unterzogen. Bei diesem werden die Spitzen in der Oberflächenstruktur weiter abgetragen, was neben optischen Vorteilen natürlich auch chemische Veränderungen, wie beispielweise einen verbesserten Korrosionsschutz durch eine verstärkte Passivschicht mit sich bringt. In der Endbeurteilung dieser Untersuchung wurde das verbesserte Reinigungsverhalten mithilfe eines Versuchs an Anlehnung an die VDA19.1(März 2015)/ISO16232(Dezember 2018) aufgezeigt. Das OGF-Verfahren verringert ansehnlich die Restschmutzanhaftung in Behältern und bietet somit dem Betreiber den Mehrwert, dass das Risiko einer Kontamination zweier Chargen deutlich reduziert wird.

Bolz Intec hat somit die zu Beginn der Untersuchungen geförderten Parameter nachgewiesen und Mithilfe der Forschung eine Oberfläche generiert, welche sowohl in deren Rauheitsprofil als auch in der optischen Beurteilung wiederholgenau zu erzeugen ist. Zusätzlich weist diese Oberfläche Vorteile gegenüber dem Vergleichsmodell in der Reinigung auf. Gerade für kritische, sehr wertvolle oder sehr feine Partikel könnte dieser Mehrwert entscheidend sein. Beispielhaft wären hierfür Branchen wie die Nanotechnologie, die Bio/Pharmatechnologie oder alle weiteren, bei denen die Chargenreinheit und die Vermeidung von Kontaminationen ein ausschlagender Punkt in der Produktion darstellt.

3D-Darstellung der mechanisch endbearbeiteten Oberflächen. Oben konventionelle Schleiftechnik, unten OGF-Verfahren