ANLAGEN & KOMPONENTEN
Richtige Information, richtige Zeit, richtige Person
Der modulare Anlagenbau gilt für große Teile der Prozessindustrie als Schlüssel zu einem nachhaltigen Markterfolg. In Zukunft sollen Anlagen schneller entstehen oder umgebaut werden. Zur Automatisierung derartiger Anlagen eignen sich sogenannte Module Type Packages (MTP), welche die Funktionen der Prozessmodule beschreiben. Der Modulhersteller liefert zu jeder modularen Prozesseinheit (Process Equipment Assembly, PEA) ein MTP mit, das in das Engineering-Tool des Anlagenbauers importiert wird.
Ein MTP kann unter anderem die Information zur servicebasierten Prozessführung des Moduls sowie zu damit verbundenen Alarminformationen enthalten. Die Vorteile des Konzepts liegen folglich nicht nur in der schnelleren Errichtung und höheren Flexibilität der Anlagen. Das gesammelte Know-how des Modulbauers trägt zu einer Verbesserung der Diagnose und Instandhaltungsprozesse bei, was in einer hohen Verfügbarkeit resultiert. Zeichnet sich jede einzelne PEA durch eine hohe Verfügbarkeit bei möglichst geringen Wartungskosten aus, profitiert die Gesamtanlage ebenfalls.
MOL als neue Schicht für die Diagnose und Instandhaltung
Beim Stichwort „Diagnose“ denken viele Akteure der Prozessindustrie an NOA: Die Namur Open Architecture leistet einen entscheidenden Beitrag, um die Diagnosedaten aus der Produktion für die Anlagen- und Geräteüberwachung nutzbar zu machen. NOA und MTP gelten als kompatibel, weshalb NOA bei der Überwachung von Prozessmodulen eine Rolle spielen wird.
Gezielte Fehlerdiagnose bis in die Komponentenebene
Der elementare Unterschied der Konzepte gemäß NE 184 gegenüber der bekannten Diagnose liegt darin, dass nicht mehr die Funktion einzelner Sensoren oder Aktoren im Vordergrund steht. Denn primär möchte der Anlagenfahrer wissen, ob das Modul funktioniert. Kann es das, was in diesem Prozess von ihm verlangt wird, tatsächlich ausführen? Falls nicht, benötigt der Anlagenfahrer prozessbezogene Wartungsinformationen. Er kann anschließend bei Bedarf manuell eingreifen, um beispielsweise die Lauffähigkeit wieder herzustellen. Sofern das Modul zwar für den laufenden Prozess verfügbar ist, gibt es eine wichtige Zusatzinformation: Liegen eventuell Einschränkungen vor, die den aktuellen Dienst nicht beeinträchtigen, aber das Instandhaltungsteam interessieren sollten?
An dieser Stelle kommt im MTP-Konzept für modulare Anlagen der MOL ins Spiel. Im Rahmen der Datenaggregation werden die wesentlichen Informationen zusammengefasst und gezielt entweder an den POL oder den MOL und folglich deren jeweilige Nutzer weitergeleitet. Für den POL sind sämtliche Diagnosen relevant, welche die aktuelle Verfügbarkeit der PEA betreffen. Der PEA-Hersteller ermittelt die Diagnoseinformationen und sorgt für eine geeignete Aggregation. Die Diagnosezustände entsprechen denjenigen, die bei Feldgeräten üblich sind, etwa Failure, Function Check, Maintenance Request, Out of Spec und OK. Als Erweiterung kommen Out of Service und No Status hinzu. Bei diesen funktional orientierten Diagnosen bleibt die PEA für den POL eine Greybox: Fehler und deren Auswirkungen werden erkannt. Der POL bekommt über den MTP-Kanal jedoch keine Informationen, ob der Grund in der PEA bei Sensor X oder Aktor Y liegt
Diese Angaben ermöglichen allerdings die systemorientierte Diagnose über den MOL. Er verwendet sowohl den MTP- als auch den NOA-Kanal – über den NOA Aggregation Server – und kumuliert die Informationsflüsse aller PEAs und POLs. Der MOL betrachtet die einzelnen Komponenten und Systemzusammenhänge. Er erlaubt eine Fehlerdiagnose bis in die Komponentenebene. Die internen Diagnosedaten sind beispielsweise wichtig für das Wartungsteam. So kann es nicht nur Wartungsaufgaben planen, sondern ebenfalls das Verhältnis zwischen Anlagenverfügbarkeit und Wartungskosten optimieren. Externe Instandhaltungsexperten, wie der PEA-Hersteller, lassen sich ebenso einbinden. Je nac
Geschäftsmodell hat dieser sein Modul an den Betreiber verkauft, vermietet oder die Leistungen der PEA entgeltlich zur Verfügung gestellt. Übermittelt ihm der Betreiber via MOL eine Ferndiagnose, kann der Hersteller selbst die Verfügbarkeit seines Moduls sicherstellen.
Schnelle Identifikation der defekten Hardwarekomponenten
Zur Servicediagnose werden die gemäß VDI/VDE/NAMUR 2658-4 beschriebenen Moduldienste herangezogen. Die Funktionen der PEA und die Komponenten, die für eine bestimmte Funktion zum Einsatz kommen, sind gemeinsam zu betrachten. Fällt eine Komponente aus, die für eine spezielle Prozedur erforderlich ist, unterbleibt diese ebenfalls. Im POL-System lässt sich das in der Diagnoseansicht darstellen. Ein Ventil ist defekt. Seine Funktion wird lediglich für die Prozedur C benötigt. Sie kann also nicht ausgeführt werden. Da sich Prozedur B ebenso für den Service 2 eignet, ist dieser nur ‚Out of Spec‘. Die Aggregationsregeln für die Servicediagnose von den Komponentenmodulen (CM) bis zur PEA erweisen sich als komplex. Die NE 184 erläutert sie daher detailliert.
Der Anlagenfahrer könnte jetzt einen Reinigungsprozess anstoßen oder das Dosiermodul für einen Conti-Prozess einsetzen, während das Durchflussmessgerät für die Batch-Dosierfunktion ausgetauscht wird. Ist hingegen die Pumpe M001 als zentrales Element defekt, findet keine der drei Prozeduren mehr statt. Dies, weil diese Pumpe sowohl für die Batch- und Conti-Dosierung als auch die Reinigung der Dosiereinheit verwendet wird. Der gesamte Dienst „Dose“ funktioniert also nicht und wird auf Failure gesetzt. Die PEA ermittelt dies durch eine interne Diagnose. Der POL bekommt lediglich die aggregierte Information.
Der POL spielt jedoch eine deutlich wichtigere Rolle als die des „Anzeigegeräts“. Er verfügt über das Wissen hinsichtlich des Gesamtprozesses, in den alle PEAs eingebunden sind. Der POL kann beispielsweise den Befehl erteilen, dass das Dosiermodul nach einem Conti-Dosierprozesse mit dem aggressiven Produkt X zwingend gereinigt werden muss. Der Service Dose sperrt dann die Prozeduren Batch und Conti so lange, bis die Prozedur Cleaning beendet ist. Diese Art der „Diagnose“ unterscheidet sich grundsätzlich von der Sensor-/Aktordiagnose gemäß NE 107.
Fazit
Die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt für den richtigen Prozessbeteiligten: Bei der Diagnose von MTP-PEA-Modulen kann dies Realität werden. Der Operator wird künftig durch eine rollenspezifische Zuordnung der Statusmeldungen entlastet. Ist er nur für den Conti-Betrieb einer Dosiereinheit verantwortlich, interessiert ihn der Status der Batch-Funktion eher nicht. Umgekehrt ermöglicht es der NOA-Seitenkanal in Zukunft, detaillierte Informationen über den Gesundheitszustand von Modulen zu erhalten – bei Bedarf. Und den haben üblicherweise Spezialisten für die Wartung, Instandhaltung und Anlagenoptimierung.
Die Smart Dosing Pump von Seepex wird eine der ersten PEAs sein, die Diagnosefunktionen nach der neuen NE 184 unterstützt. Dazu müssen die Zustände der einzelnen automatisierten Prozeduren aus denen der installierten Sensoren, Aktoren und Systemkomponenten aggregiert werden.