MSR & PROZESSAUTOMATION

 Grundlegende Transformation 

 Digitaler Zwilling in der Kohlewerkstoff-Industrie 

Fortschrittlichen Kohlenstoffmaterialien wie Kohlenstoff-Nanoröhrchen, Graphen, Kohlenstofffasern, Kohlenstoffnanoschaum oder Glaskohlenstoff wird eine große Zukunft vorhergesagt. Die Industrie, namentlich die Sektoren Energie, Luft- und Raumfahrt, Rüstung, Sport, Elektronik, die Bau- oder Automobilwirtschaft wollen von spezifischen Materialeigenschaften profitieren. Besonders in der Batterietechnologie werden Ansätze diskutiert, die dank fortschrittlicher Kohlenstoffmaterialien die Branche bald revolutionieren könnten.


Wie könnte diese Kohlenstoff-Revolution aussehen? Ein Beispiel für viele: Bereits heute enthalten Millionen von Lithium-Ionen-Batterien Graphitanoden, aber neue Materialentwicklungen könnten diese Batterien in unseren Handys, Tablet-Computern und Laptops sicherer, leistungsfähiger, schneller ladbar und langlebiger machen. Die Automobilindustrie stellt hohe Anforderungen an diese Konzepte, die auf eine höhere Energiedichte, kürzere Ladezyklen und eine längere Lebensdauer abzielen. In diesem zukunftsorientierten Markt will Baowu Carbon Technology (Baowu Carbon) wichtige Akzente setzen: Baowu Carbon hat sich zum Ziel gesetzt, eine führende Position in Chinas neuer Kohlewerkstoff-Industrie einzunehmen und wandelt vom Schwergewicht der traditionellen kohlechemischen Industrie zum Kohlenstoffmaterial-Innovator. Als Träger der strategischen Entwicklung kohlenstoffbasierter neuer Materialien wurde Baowu Carbon von der Muttergesellschaft China Boawu Steel Group Corporation (China Baowu) auch deshalb gegründet, um die grüne und intelligente Transformation eines kohlechemischen Ökosystems voranzutreiben und das gemeinsame Wachstum diverser verwandter Interessengruppen des Unternehmens zu fördern.

Der Wille zum Wandel

Der Ort, an dem dieser Transformationsprozess federführend umgesetzt werden soll, ist ein Anlagenkomplex in Shanghai: Bislang war Shanghai Baoshan Iron ein klassisches Stahlwerk, das nach seiner Fertigstellung im Jahr 1985 schon mehrere Veränderungen durchgemacht hat. Nun befindet es sich in einer Phase tiefgreifender Transformation zur digitalen Vorzeigeanlage. Zwei treibende Unternehmen dieses agilen Prozesses sind die Baosteel Engineering & Technology Group Corporation (BSEG) und die Shanghai Baosight Software, beides hundertprozentige Tochtergesellschaften von China Baowu. Die Aufgabenverteilung bei der Modernisierung des Werkes in Shanghai war klar definiert: BSEG war für das Prozessdesign, die Erstellung aller P&IDs (Rohrleitungs- und Instrumentierungsdiagramme) verantwortlich und übergab diese Daten in gedruckter Form an Baosight, die für die Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik verantwortlich war. Aus Erfahrung wussten beide Projektpartner, dass dies aber weder effizient noch komfortabel und schon gar nicht zukunftsorientiert war. Mit dem Einsatz von integrierter Software sollten hier neue Maßstäbe gesetzt werden.

Das passende Werkzeug

Die Planungssoftwarelösung Comos von Siemens präsentierte sich als die optimale Plattform, mit der die Zukunft Einzug halten sollte. Da viele einzelne Abteilungen am Basic- und Detail-Engineering beteiligt sind, müssen Daten, Objekte und Strukturen einheitlich, umfassend und vernetzt dargestellt werden. Die Software erreicht dies durch Objektorientierung und eine zentrale Datenbank, die die notwendige Datenintegrität gewährleistet. Pengcheng Li, Senior Engineer bei BSEG, bringt die Vorteile folgendermaßen auf den Punkt: „Die Comos-Datenbank ist das Herzstück der Digitalisierung. Sie gewährleistet eine integrierte Datenhaltung und macht manuelles Nachbearbeiten nach der Datenübernahme überflüssig.“ Zufrieden fügt er hinzu: „Nach dem Prozessdesign haben wir die Daten auf Knopfdruck an die nachgelagerten Abteilungen übergeben. Mit Comos haben wir einen bisher zeitaufwändigen und fehleranfälligen Prozess auf ein absolutes Minimum reduziert.“ 

Das Comos P&ID-Modul bietet eine optimale Anbindung an das EMSR-Engineering, so dass prozessorientierte Automatisierungssequenzen schnell und einfach ohne Datenverlust an den Schnittstellen abgebildet werden können und Baosight direkt mit den bereitgestellten Daten arbeiten kann. Xin Lv, Senior Engineer bei Baosight, erklärt das Highlight der Software aus Sicht des Anwenders: „In der Praxis bedeutet der objektorientierte Ansatz, dass das einzelne Planungsobjekt, unabhängig von seiner Präsentationsform, nur einmal in Comos definiert werden muss. Das Planungsobjekt ist auf den unterschiedlichen Plänen dargestellt und enthält Attribute für alle Disziplinen.“ Ein weiterer Pluspunkt für Lv: „Neben der komfortablen Datenverwaltung liegt der Vorteil für den Anwender zum Beispiel auch darin, dass Comos Dokumente wie Klemmenpläne, Kabellisten, Stück- und Bestelllisten und so weiter automatisch generiert.“


Planung, Instandhaltung und Anlagenumbau

Die einheitliche Datenplattform Comos bildet auch die Grundlage für zukünftige Wartungsarbeiten. Nach der Inbetriebnahme wird die Datenbank an Baowu Carbon, den Betreiber der Anlage, übergeben. Xiaoping Weng, Chief Engineer von Baowu Carbon, unterstreicht die Bedeutung, die diese Datengrundlage für zukünftige Instandhaltungsaufgaben hat: „Comos bringt revolutionäre Veränderungen, nicht nur für das Engineering, sondern auch für alle weiteren Phasen des Anlagenlebenszyklus‘. Um auch in Zukunft flexibel reagieren und im Bereich der neuen Kohlenstoffmaterialien wettbewerbsfähig sein zu können, müssen wir unsere Prozesse und Anlagen ständig anpassen. Mit den integrierten Daten von Comos bauen wir den digitalen Zwilling unserer Anlage auf, mit dem die Engineering-Daten stets zugänglich, aktuell und konsistent sind.“ Dank des virtuellen Abbilds der realen Anlage können Änderungen präzise im Voraus geplant werden und auf Basis von Bestandsdaten ist der aktuelle Zustand der Anlage jederzeit ersichtlich. 

Alle Projektbeteiligten sind zufrieden und sehen große Vorteile in der digitalen Transformation mithilfe der Comos-Software und in der Tatsache, dass Siemens und China Baowu 2018 eine strategische Partnerschaft für Intelligent Manufacturing (Industrie 4.0) eingegangen sind. Gemäß der Vereinbarung arbeiten beide Unternehmen eng zusammen bei Smart Manufacturing Projekten, digitaler Grundlagenforschung und digitaler Innovation. Die Projektpartner beabsichtigen, bei der Inspektion und Wartung intelligenter Geräte mit Augmented Reality (AR)-Technologie zusammenzuarbeiten. Auch hier sind das konsequent objektorientierte Datenhandling und der Ansatz des digitalen Zwillings die optimale Basis für den Fortschritt.


Verena Lehmann
Marketing Promotion Manager

Siemens Industry Software GmbH