EX-SCHUTZ & ANLAGENSICHERHEIT

Druckgeräte und Maschinen sicher in Verkehr bringen

Konformitätsverfahren nach EU-Richtlinien



Hersteller müssen, vor der Markteinführung in der EU, die Anforderungen ihrer Anlagen und Maschinen an die Sicherheit und den Gesundheitsschutz erfüllen. Dafür müssen sie alle relevanten Regelwerke berücksichtigen, deren Zuordnung mitunter komplex ist. Anlagen-Hersteller orientieren sich bei der Risikobeurteilung ihrer Druckgeräte mitunter einseitig an der Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU (DGRL). Dies reicht unter Umständen nicht aus, wenn Druckgeräte etwa in verfahrenstechnischen Anlagen oder Maschinenanlagen integriert sind. Denn übergeordnet kann in solchen Fällen beispielsweise die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (MRL) mitangewendet werden. Teils überschneiden oder ergänzen sich die Mindestanforderungen beider. Dann hat die stärker auf das Produkt ausgelegte Richtlinie Vorrang. Wie der Konformitätsnachweis gelingt, zeigt TÜV SÜD am Beispiel einer Wasserstoff-Anlage.

 

Ganzheitlich und spezifisch prüfen

Bei integrierten Druckgeräten in Maschinen muss nach der MRL unter anderem geprüft werden, ob das Material der Einzelteile und ihrer Verbindungen die geeignete Festigkeit und Beständigkeit während des Betriebs aufweist (Bruchrisiko). Mögliche Gefahren sind Ermüdung, Alterung, Korrosion und Verschleiß. Für die Analyse relevant ist auch die Explosionsgefahr durch zum Beispiel Flüssigkeiten, Gase oder Dämpfe, die die Maschine freisetzt. Für die Druckgeräte selbst muss der Fokus auf der DGRL liegen. Darunter fallen in erster Linie Behälter, Rohrleitungen, druckhaltende Ausrüstungsteile und solche mit Sicherheitsfunktion. Wie Druckgeräte in Anlagen oder Maschinen im Detail bewertet werden, verrät die Risikoanalyse und gegebenenfalls der Verwendungszweck.

Risiken gewichten und analysieren

Anzahl und Kategorie des Geräts entscheiden über das Konformitätsverfahren (Modul) nach Druckgeräterichtlinie: Bis Kategorie 1 gilt ein geringes Risiko, die Bewertung kann somit auch nach der MRL erfolgen. Ab Kategorie 2 (höheres Risiko) muss der Hersteller sein Produkt zusätzlich gemäß der DGRL beurteilen. Hierbei muss eine Benannte Stelle mitwirken. Im Anschluss an die Konformitätsbewertung erhält das Gerät ein Typenschild mit der Herstellernummer, den zulässigen Betriebsdaten, dem CE-Zeichen und gegebenenfalls der Kennnummer der benannten Stelle. Für alle Druckgeräte muss eine Betriebsanleitung angefertigt werden, die Verwendungszweck, Montage, Inbetriebnahme, Benutzung und Wartung beschreibt. Gegebenenfalls wird auch die Bildung einer Baugruppe relevant.

 

H2-Beispiel: Power-to-Gas-Anlage

Der Hersteller einer Erzeugungsanlage für Wasserstoff mittels Elektrolyse beauftragte TÜV SÜD, deren Konformität zu bewerten. Die zugehörigen Anlagenteile umfassen einen H2-Speichertank, einen Verdichter, ein Kühlaggregat, einen Absorptionstrockner sowie eine Messstation zur Qualitätssicherung. Dies sind Maschinenprodukte aber auch Druckgeräte.

Das Wasserstoffgas kommt mit niedrigem Druck aus dem Elektrolyseur und ist mit Feuchtigkeit gesättigt. Es wird gesammelt, komprimiert, gekühlt und getrocknet, bevor es ins Pipelinenetz gelangt. Der Generalplaner ist dafür verantwortlich, dass die Vorschriften zum Inverkehrbringen der Gesamtanlage umgesetzt werden. Der künftige Betreiber hat die Anlage schlüsselfertig bestellt. So muss er keine nachträgliche Gesamtkonformitätsbewertung vornehmen. Um EG-Konformität zu erzielen, empfiehlt es sich, vorab vertraglich zu vereinbaren, dass ein Hersteller alle herstellerseitig gültigen Richtlinien erfüllt.


Drei Möglichkeiten fürs Inverkehrbringen

    1

    Der Hersteller bringt die gesamte Anlage mit integrierten Druckgeräten als Gesamtbaugruppe nach DGRL in Verkehr, weil sie vorrangig unter die DGRL fällt. Die Maschinenkomponenten werden zusätzlich einzeln nach MRL bewertet. 

    2

    Der Hersteller bringt die Anlage als Gesamtheit von Maschinen mit eingebauten Druckgeräten vorrangig unter der MRL in Verkehr. Die Druckgeräte werden dann, je nach Kategorie und Lieferant, einzeln CE-bewertet, aber es wird nicht zwangsläufig eine Baugruppe nach DGRL gebildet. 

    3

    Der Hersteller bietet optional an, die Gesamtbaugruppe gemäß der Lieferaufteilung nach DGRL für die in der Gesamtmaschine verbauten Druckgeräte zu bewerten. 

Alle drei Varianten führen zum Ziel: eine schlüsselfertige Gesamtanlage. Vor allem die CE-Bewertung der Druckgeräte als Baugruppe führt aber zu einem Mehraufwand für den Betreiber im Rahmen der Prüfung vor Inbetriebnahme. Der Betreiber der Power-to-Gas-Anlage entschied sich für die erste Variante, weil er sowohl von der Gesamt-CE-Bewertung nach MRL als auch von der Gesamtbaugruppe nach DGRL für die Prüfung vor Inbetriebnahme profitierte. Damit reduzierte er auch seine Haftungsrisiken. TÜV SÜD unterstützte so einerseits den Hersteller, eine betriebsbereite Anlage rechtssicher in Verkehr zu bringen. Zum anderem profitierte der Betreiber vom geringeren Aufwand bei der Prüfung vor Inbetriebnahme.


Pascal Staub-Lang
Leiter Kompetenzzentrum Maschinensicherheit

TÜV SÜD Industrie Service