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Fertigung von Antifouling-Beschichtungen und Industrielacken

Prozesstechnische Lösung 
dispergiert und mischt

Durch eine Umstellung seiner Produktion auf aktuelle Misch- und Dispergiertechnik konnte der norwegische Lack- und Beschichtungshersteller Steen-Hansen nicht nur Qualitätsprobleme bei seinen neu entwickelten Antifouling-Beschichtungen überwinden, sondern auch die Prozesszeiten deutlich reduzieren. Steen-Hansen ist seit mehr als 30 Jahren Anbieter von Antifouling-Beschichtungen für Netze in der industriellen Fischzucht. 

Ein Mitarbeiter von Steen-Hansen bei der Bedienung der Steuerungssoftware YCS Professional +. Quelle: Steen-Hansen

Antifouling-Beschichtungen sorgen für einen geringeren Bewuchs von Algen und anderen Organismen an den Netzen und ermöglichen dadurch eine längere Einsatzdauer. Neben konventionellen kupferbasierten Antifouling-Beschichtungen kommt in der Fischzuchtbranche dabei kupferreduzierten sowie gänzlich kupferfreien und biozidfreien Beschichtungen eine wachsende Bedeutung zu. Steen-Hansen ist ein Pionier in der Entwicklung und Herstellung derartiger Beschichtungslösungen mit einem verkleinerten ökologischen Fußabdruck.

Biofouling nach 140 Tagen bei einem Netz ohne Beschichtung (rechts) sowie einem Netz mit kuperfreier Beschichtung von Steen-Hansen (links). Quelle: Steen-Hansen

Innovative Beschichtungen erfordern neue Prozesstechnologie

Anfangs setzte Steen-Hansen für die Fertigung dieser neuartigen Antifouling-Beschichtungen Dissolver ein, die der Hersteller auch für seine kupferbasierten Beschichtungen nutzte. Das Unternehmen musste dabei jedoch feststellen, dass der Einsatz konventioneller Fertigungstechnik bei kupferreduzierten beziehungsweise kupferfreien Beschichtungen zu Qualitätsmängeln führte: Die langen Prozesszeiten im Dissolver bewirkten eine starke, unerwünschte Schaumbildung im Produkt. 

Für diese Schaumbildung waren mehrere Faktoren verantwortlich: Zum einen enthalten Pulver sehr viel Luft, selbst schwere Pulver wie Titandioxid kommen auf einen Volumenanteil von über 75 Prozent Luft. Wird diese Luft nicht vollständig durch Flüssigkeit substituiert und abgeschieden, sondern zusammen mit den Pulverpartikeln dispergiert, führt dies zu Mikroschaum – dies ist bei einem Dissolverprozess der Fall. Da bei einem Dissolver das Pulver zudem von oben in den offenen Behälter zugegeben wird, entstehen darüber hinaus Tromben, über die große Mengen an zusätzlicher Luft eingetragen werden. Da die Produkte von Steen-Hansen wasserbasiert sind, kommt unabhängig von der eingesetzten Technologie mit der Schaumbildung des Prozesswassers noch ein weiterer Faktor hinzu.

Die Inline-Pulverbenetzungs- und -Dispergiermaschine Conti-TDS. Quelle: ystral

Durch den Einsatz von Entschäumern konnte Steen-Hansen dieser unerwünschten Schaumbildung zwar entgegenwirken, allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Das Unternehmen suchte deswegen nach einer Möglichkeit, die pulverförmigen Rohstoffe auf eine sanftere, produktschonendere Weise zu dispergieren und entschied sich dabei für die Technologie des Misch- und Dispergiertechnikspezialisten ystral. 

"Mit der prozesstechnischen Lösung von ystral konnten wir die Qualitätsprobleme überwinden und zugleich unsere Fertigungszeiten erheblich reduzieren." 

Stig Bjarte Fagerlid, Betriebsleiter, Steen-Hansen

Ystral Leitstrahlmischer realisieren Mischprozesse mit einer turbulenten Mikromischzone im Mischkopf und einer nahezu turbulenzfreien Makrovermischung des gesamten Behälterinhalts.
Quelle: ystral

Bei der im Jahr 2019 installierten ystral-Prozessanlage erfolgen die intensiven Prozessschritte der Pulverbenetzung und Dispergierung außerhalb des Behälters mit der Inline-Pulverbenetzungs- und Dispergiermaschine Conti-TDS, während der Behälterinhalt mit einem ystral Leitstrahlmischer gleichzeitig permanent homogen durchmischt wird. 

Mit der Vakuumexpansionsmethode erzielt der Inline-Dispergierer dabei eine vollständige Desagglomeration und Benetzung der Pulverpartikel innerhalb von Mikrosekunden: Durch ein direkt in der Benetzungs- und Dispergierzone aufgebautes Saugvakuum wird die im Pulver enthaltene Luft um ein Vielfaches expandiert, wodurch sich die Abstände zwischen den Partikeln enorm vergrößern und die Partikel beim Kontakt mit der Flüssigkeit sofort einzeln vollständig benetzt werden können. Die im Pulver enthaltene Luft wird durch die Zentrifugalwirkung des schnell laufenden Rotors von der deutlich schwereren Dispersion abgetrennt und koalesziert zu großen Luftblasen. Diese werden dann zusammen mit dem Flüssigkeitsstrom zum Prozessbehälter gefördert, wo sie leicht entweichen können. Es entstehen keine Tromben und es erfolgt während des gesamten Prozesses keinerlei zusätzlicher Lufteintrag. Der Einsatz von Entschäumern kann auf diese Weise deutlich reduziert werden.

Aufgrund dieser Erfahrungen entschied sich das Unternehmen im Zuge einer Modernisierung und Erweiterung seiner Produktionskapazitäten für die Installation zweier weiterer Prozessanlagen von ystral. "Wir haben im Rahmen eines Standortwechsels unsere Fertigung komplett umgstellt und unsere gesamte Produktionsinfrastruktur an den ystral-Technologien ausgerichtet", so Betriebsleiter Fagerlid. "Mit Technologien von ystral können Fertigungsprozesse vollautomatisch umgesetzt werden. An unserem alten Standort konnten wir dieses Potenzial jedoch nicht ausschöpfen. Wir haben deswegen den Umzug zum Anlass genommen, die Peripherie der ystral-Anlagen mit dem Pulver- und Flüssigkeitshandling umfassend zu automatisieren." Während am alten Produktionsstandort von den Bedienern Säcke noch manuell geöffnet und in den Pulvertrichter der ystral-Anlage geschüttet wurden, werden nun sämtliche Pulverstoffe ab Silo über einen vollautomatischen Kettenförderer den ystral-Anlagen zugeführt. 

An seinem neuen Standort setzt Steen-Hansen jeweils eine Anlage für die Produktion kupferhaltiger Antifouling-Beschichtungen, die Produktion kupferfreier Beschichtungen sowie für die Herstellung von Industrielacken ein. Eine Anlage besteht dabei aus zwei Prozessbehältern und darin verbauten ystral Leitstrahlmischern, einem Pulverbehälter sowie dem Inline-Dispergierer Conti-TDS, der jeweils im Wechsel an einem der beiden Prozessbehälter betrieben wird. Das Pulver- und Flüssigkeitshandling erfolgt bei Steen-Hansen über eine zentrale Steuerung, wobei jedoch jede Anlage aus separaten Silos und Tanks gespeist wird. Auf diese Weise ist beispielsweise eine Kontamination der kupferfreien Beschichtungsprodukte mit Kupferpartikeln ausgeschlossen.

ystral-Doppeltankanlage bei Steen-Hansen bestehend aus zwei Prozessbehältern mit darin verbauten ystral -Leitstrahlmischern, einem Pulverbehälter sowie dem Inline-Dispergierer Conti-TDS. Quelle: Steen-Hansen

Vollautomatische Produktion

Als Steuerungssoftware kommt bei den drei Anlagen das ystral Control System (YCS) Professional + zum Einsatz, die Steuerung mit dem höchsten Automatisierungsgrad. Über eine grafische Benutzeroberfläche wird der Prozess vom Bediener gestartet und überwacht, das Dosieren und Eintragen der Flüssigkomponenten und Feststoffe erfolgt vollautomatisch. Jeder einzelne Prozessschritt ist exakt reproduzierbar, zudem können mit dem Rezepthandler auf einfache Weise neue Rezepturen aufgebaut werden.

Durch den Einsatz moderner Misch- und Dispergiertechnik und die zentral gesteuerte Peripherie mit einer automatisierten Zuführung und Dosierung von Pulver- und Flüssigkomponenten konnte Steen-Hansen am neuen Standort die Produktionskapazität bei gleichbleibendem Personaleinsatz verdreifachen. Die drei ystral-Anlagen können dabei von nur einem Mitarbeiter bedient werden. Bei den zuvor eingesetzten Dissolvern betrug die Prozesszeit häufig ein bis zwei Stunden, mit der ystral-Technologie konnte eine Verkürzung auf 10-15 Minuten erreicht werden. Während das Unternehmen mit der zuvor eingesetzten Produktionsinfrastruktur auch im Zwei-Schicht-Betrieb die stark wachsende Nachfrage nach seinen Produkten kaum bedienen konnte, hat Steen-Hansen in der neuen Fabrik auf einen Ein-Schicht-Betrieb umgestellt.

Mit der deutlichen Prozesszeitvekürzung geht zudem ein deutlich verringerter Energieverbrauch einher - ein Umstand, der für das in Norwegen produzierende Unternehmen Steen-Hansen angesichts des dort gegebenen hohen Strompreisniveaus von besonderer Bedeutung ist. Bemessen nach dem Strombedarf pro Liter Endprodukt konnte Steen-Hansen durch den Einsatz effizienterer Misch- und Dispergiertechnologie und energiesparender Gebäudetechnik den Strombedarf am neuen Standort um etwa 75 Prozent reduzieren.