CHEMIE



 Laborprozesse analysieren - Industrieprozesse vorhersagen 

Software für thermische Simulationen 

Bei simulierten temperaturabhängigen Prozessen in der chemischen Industrie können die Temperaturgradienten in den Reaktionsmedien signifikant sein und müssen berücksichtigt werden. Bei Prozessen wie der Aushärtung oder Kristallisation hat der Temperaturgradient Einfluss auf die Produktqualität, bei stark exothermen Materialien auf die Sicherheitsbedingungen von Reaktionen des thermischen Durchgehens (thermal runaway).

Als Kristallisation bezeichnet man den physikalischen Vorgang der Verhärtung bei der Bildung und beim Wachstum von Kristallen. Bei diesem Prozess wird Kristallisationswärme frei.

Netzsch stellt die Software Termica Neo vor, die alle von der Internationalen Vereinigung nationaler oder regionaler Gesellschaften für thermische Analyse und Kalorimetrie (ICTAC) empfohlenen Kinetikmethoden verwendet. Termica Neo ist mit der Software Kinetics Neo vollständig kompatibel und kann sowohl auf modellfreie als auch auf modellbasierte Ansätze sowie für komplexe Reaktionen mit unabhängigen, konkurrierenden oder aufeinanderfolgenden Stufen angewendet werden.

Temperaturverteilung für den vertikalen Querschnitt eines in einem zylindrischen Behälter aushärtenden Epoxidharzes mit Umgebungstemperaturen von 25 (oben), 100 (Seite) und 120 Grad Celsius (unten) nach 130 Minuten. Die roten Bereiche zeigen die durch Selbsterhitzung entstandenen heißen Stellen.

Simulation großtechnischer Industrieprozesse 

Kleine Proben mit einem Gewicht von nur wenigen Milligramm, die mit der dynamischen Differenzkalorimetrie (engl. Differential Scanning Calorimetry, DSC) oder anderen thermoanalytischen Methoden wie Thermogravimetrie (TG) oder Accelerating Rate Kalorimetrie (ARC) untersucht werden, weisen keinen signifikanten Temperaturgradienten auf und eignen sich daher für die kinetische Analyse. Mit Kinetics Neo kann der Ablauf chemischer Reaktionen für zwei Grenzfälle simuliert werden, in denen die Proben keinen Temperaturgradienten aufweisen. Im ersten Fall verfügt das Probenmaterial über eine unendliche Wärmeleitfähigkeit, aber auch eine unendliche Wärmeübertragung an die Umgebung in einer kontrollierten Umgebung. Der zweite Grenzfall ist die rein adiabatische Erwärmung ohne jeglichen Wärmeverlust.

Die Wärmeleitfähigkeit (λ mit der Einheit W/(m•K)) beschreibt den Transport von Energie - in Form von Wärme - durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgefälles.

In der chemischen Industrie sowie bei der Lagerung und dem Transport hochenergetischer Materialien liegen Wärmetransport und Wärmeverlust jedoch zwischen diesen beiden Grenzfällen. Um sichere Bedingungen zu schaffen oder die gewünschte Produktqualität zu erreichen, muss die Simulation für nicht konstante Temperaturen im Reaktionsvolumen durchgeführt werden. Hauptanwendungsgebiete einer solchen Simulation in der Industrie sind Produktqualität und Sicherheit.

Auch in der Polymer- oder Keramikindustrie findet Termica Neo Anwendung: In einem Reaktions- oder Lagerbehälter kann der Reaktionsfortschritt, bedingt durch besagte Temperaturgradienten, unterschiedlich sein. Dies äußert sich beim Sintern in Form von Schrumpfung während des Sinterns oder der Aushärtung, was zu mechanischen Spannungen führt und Auswirkung auf die Produktqualität hat.

Sintern ist ein Herstellungsverfahren zur Bildung eines mechanisch stabilen Körpers aus einem keramischen oder metallischen Pulver.

Bei Vorhersagen zur Lagerung oder zum Transport hochenergetischer Materialien in der chemischen Industrie sind auch die Temperaturgradienten in den reagierenden Medien von Bedeutung und müssen berücksichtigt werden. Bei stark exothermen Reaktionen kommt es in einem Behälter in Bereichen mit höherer Temperatur und schnellerer Reaktion zu einer intensiveren Wärmeproduktion und Eigenerwärmung. Solche lokalen Bereiche werden dann zu Hotspots für den Beginn des thermischen Durchgehens oder der thermischen Explosion. Bei Reaktionen mit geringerer thermischer Wirkung haben die Bereiche mit höherer Temperatur eine höhere Reaktionsgeschwindigkeit und einen höheren Reaktionsumsatz. Dies ist der Grund für die unterschiedlichen physikalischen und chemischen Eigenschaften von Stoffen an verschiedenen Positionen innerhalb eines Behälters, die sich in der Wärmekapazität, Wärmeleitfähigkeit oder den Konzentrationen der Reaktanten widerspiegeln.

Die spezifische Wärmekapazität oder Wärmekapazität ist eine messbare physikalische Größe, die dem Verhältnis der einem Objekt zugeführten Wärme zur resultierenden Temperaturänderung entspricht.

Reaktant im adiabatischen Behälter - Simulation der Temperaturverteilung eines adiabatischen Systems; Reaktant (durchgezogene Linien) in einem Behälter (gestrichelte Linie).

Simulation komplexer chemischer Prozesse  

Viele der existierenden FEM (Finite-Elemente-Methode)-Softwarelösungen können zwar den Wärmeübergang berechnen, weisen jedoch Grenzen in Bezug auf komplexe mehrstufige chemische Reaktionen mit thermischen Effekten auf. Für gewöhnlich arbeiten solche Systeme für modellfreie Kinetik mit einer einzigen kinetischen Gleichung oder für Modelle mit ein bis zwei Stufen, bei denen alle kinetischen Parameter bekannt sind.

Die Termica Neo für die thermische Simulation besteht aus Eingangsdaten in Form von chemischen Parametern und Gleichungen direkt aus dem Kinetics Neo-Projekt. Sie ist vollständig kompatibel mit der Software Kinetics Neo und kann sowohl für modellfreie als auch modellbasierte Ansätze verwenden. Beim modellbasierten Ansatz gibt es keine Einschränkungen hinsichtlich der Anzahl der einzelnen Reaktionsstufen oder der Verbindungen zwischen ihnen, einschließlich unabhängiger, konkurrierender oder aufeinander folgender Stufen. Die Simulationssoftware Termica Neo übernimmt alle kinetischen Parameter aus Kinetics Neo und verwendet zusätzlich temperaturabhängige physikalische Parameter wie Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität der reagierenden Materialien und Produkte aus der Materialdatenbank. Zu den zusätzlichen Eingabeparametern gehören auch Behälter, deren Dicke und Material für jede Oberfläche der Reaktorgeometrie unterschiedlich sein kann, sowie verschiedene Umgebungsmedien, beispielsweise Luft an der Oberseite, Wasser an der Seite und am Boden der Unterseite. Auch die Umgebungstemperaturprofile können für die verschiedenen Geometrieoberflächen unterschiedlich sein.

Die Massen-Dichte ist definiert als Verhältnis zwischen Masse und Volumen.

Was mit Termica Neo erreicht werden kann

  • Verhalten des Materials an jedem Punkt des Behälters simulieren
  • Herausfinden, wo und wann die Maximaltemperatur oder maximale Umsatzrate der Reaktanten im Inneren des Behälters erreicht wird
  • Bestimmen von Temperatur, Umsatz und Konzentrationen für eine bestimmte Zeit und Position des Reaktanten im Behälter
  • Voraussagen von Aushärte-, Zersetzungs- und Kristallisationsgrad 
  • Bestimmen der thermischen Sicherheitsbedingungen für Produktion und Lagerung


Die Software liefert sowohl zeit- als auch koordinaten-/positionsabhängig die Größen Temperatur, Konzentrationen der Reaktanten und die Umsatzrate in 2D und 3D Ansicht. Die Suche nach der selbstbeschleunigenden Zersetzungstemperatur (SADT) ist ebenso möglich wie die Simulation adiabatischer Bedingungen und der unbegrenzten Wärmeabgabe an die Umgebung.


Funktionen auf einen Blick

  • Schnell und anwenderfreundlich: Benutzeroberfläche ähnlich der Kinetics Neo-Software
  • Die kinetischen Modelle werden direkt aus dem Kinetics Neo-Projekt übernommen (Ergebnisse für jede Methode - sowohl modellbasiert als auch modellfrei)
  • Berechnung der folgenden Eigenschaften an jedem Punkt des Volumens in Abhängigkeit von der Zeit:
    1. Temperatur
    2. Umsatz
    3. Umsatzrate
    4. Konzentrationen
    5. Glasumwandlungstemperatur für Aushärte- oder Vernetzungsreaktionen
  • Berechnung der selbstbeschleunigenden Zersetzungstemperatur (SADT) für verschiedene Materialien, Behälter und Umgebungen
  • Simulation von Reaktionen für einen Reaktor mit Behälter einschließlich adiabatischer Bedingungen

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Autorinnen


DR. ELENA MOUKHINA

AILEEN SAMMLER