Nachhaltigkeit mit Wachstum und Wirtschaftlichkeit
Endress+Hauser Group Services AG
Das Projekt Campus 2030+ ermöglicht effizientere Produktionsabläufe und erweitert die Bürofläche. In den kommenden Jahren werden zunächst die Fertigungs- und Logistikbereiche umgebaut. Bestehende Gebäude werden hierfür durch Neubauten ersetzt oder umfassend saniert. 2027 soll die erste Phase des Projekts abgeschlossen sein und die Nutzung starten. Die Bürogebäude werden in einem zweiten Schritt ebenfalls erneuert.
Dr. Dirk Mörmann, Geschäftsführer von Endress+Hauser Level+Pressure, sagt: „Mit dem Projekt Campus 2030+ bekennen wir uns zum Standort Deutschland. Wir schaffen eine dauerhafte Grundlage für mehr als 2.000 Arbeitsplätze in der Region. Der weltweite Bedarf an hochpräziser und innovativer Messtechnik für die Prozessindustrie ist ungebrochen. Durch die Weiterentwicklung des Standorts können wir die Bedürfnisse unserer Kunden noch besser bedienen. Wir stärken unser internationales Produktionsnetzwerk und steigern unsere Wettbewerbsfähigkeit.“
Mit dem Campus-Projekt wird Endress+Hauser in vielerlei Hinsicht nachhaltiger. Bereits heute produziert das Unternehmen in Maulburg bis zu 45 Prozent der benötigten Elektrizität selbst, vor allem durch Solarenergie und Kraft-Wärme-Kopplung. Die Baumaßnahmen werden die Energieeffizienz nochmals signifikant steigern. So lassen sich die neuen und sanierten Gebäude bis zu 90 Prozent energieautark betreiben. Für den Umbau nutzt Endress+Hauser bestehende Flächen. Bereiche, die jetzt noch versiegelt sind, sollen künftig begrünt werden. Eine optimierte Logistik wird den Verkehr und damit die Lärmbelastung verringern.
„Als Familienunternehmen ist Endress+Hauser von Langfristigkeit im Denken und Handeln geprägt“, sagt Dr. Peter Selders, CEO der Firmengruppe. „Diese Einstellung steht auch hinter dem größten Investitionsvorhaben der Firmengeschichte. Mit dem Projekt Campus 2030+ sichern wir die Zukunftsfähigkeit unseres Kompetenzzentrums für Füllstands- und Druckmesstechnik. Gleichzeitig zeigen wir, dass sich Nachhaltigkeit mit Wachstum und Wirtschaftlichkeit verbinden lässt.“
Umgang mit fluktuierenden Energie- und Stoffströmen
Elektrifizierung der Chemischen Industrie
Wasserstoff spielt für die nachhaltige Wirtschaft eine große Rolle — als Energieträger und langfristiger Speicher gleichermaßen. In beiden Funktionen werden Wasserstofftechnologien sich eng mit den erneuerbaren, meist strombasierten Technologien verzahnen und können dann der energieintensiven Industrie und der Energiewirtschaft echten Mehrwert bieten. An der Verzahnung arbeitet Patrick Preuster mit seinem Team nun am Fraunhofer IEG.
»Die chemische Industrie in Deutschland kann schon heute sehr gut mit Wasserstoff umgehen, erzeugt es in ihren Prozessen und setzt ihn für ihre Produkte ein«, stellt Prof. Patrick Preuster fest, der am Fraunhofer IEG im Competence Center Verfahrenstechnik forscht und an der Technischen Hochschule Rosenheim lehrt. »Was es aber noch braucht, sind Verfahren, die auch mit den fluktuierenden Energie- und Stoffströmen umgehen können, wie wir sie im zukünftigen Energiesystem erwarten.«
Wasserstoff wird als Energiespeicher dazu dienen, fluktuierende Energiequellen zu puffern. Dazu wird Preuster am Fraunhofer IEG eine digitale Toolbox für fluktuierende, lastflexible chemische Prozesse erstellen und Prüfstände im Labor und im Technikum für moderne regelungstechnische Ansätze in diesen Prozessen schaffen, um die notwendigen Prozessdaten zu sammeln. Sein Ziel ist es, das Produktionsprozesse der chemischen Industrie auf die Energieangebote der erneuerbaren Energien Wind und Sonne reagieren, Energie als chemische Reagenzien wie Wasserstoff zwischenspeichern und ihre Produktion stromnetzdienlich anpassen und so quasi als Energiespeicher Angebot und Nachfrage ausgleichen. Umgekehrt könnten kleinere chemische Anlagen auch direkt an Windkraftfeldern entstehen und Stromüberschüsse direkt vor Ort wirtschaftlich als Wasserstoff für andere Sektoren wie Verkehr oder Fernwärme speichern. Ein Baustein ist seine aktuelle Material- und Verfahrensentwicklung für membranlose, also wartungsarme Elektrolysezellen, die auch für die direkte Meerwasserelektrolyse geeignet ist. »An der Schnittstelle der Sektoren Chemie und Strom entstehen gerade ein spannender Markt und ein zukunftsweisendes Feld für die angewandte Forschung.«
Preuster kennt aus eigener Praxis die Planung, Simulation und Realisierung von chemischen Anlagen mit unterschiedlichem Automatisierungsgraden und Leistungsklassen bis zu 500 Kilowatt. Ein wichtiger Fokus war die Speicherung von Wasserstoff in organischen Flüssigkeiten (LOHC) für den sehr dynamischen Anwendungsfall der Mobilität, also in Zügen und im Schwerlastverkehr. Stets geht es um die Frage, wie Komponenten wie Katalysatoren, Prozesswärme, Pumpen, Druckregler, Gasreinigung und weitere Aggregate für einen dynamischen Betrieb fit gemacht werden können, um auf aktuelle Stromangebote und -bedarfe zu reagieren und mit lastflexiblen Produktionsketten weiterhin Fein- und Grundchemikalien herzustellen. Neue Katalyse- und Reaktorkonzepte — nicht nur für Wasserstoff — ermöglichen es Chemieparks und Industrieanlagen, sich netzdienlich im Stromnetz einzubinden und ihre Geschäftsmodelle zukunftssicher zu ergänzen und aufzustellen. Hierfür sind Kenntnisse über die Reaktionstechnik und die Verfahrenstechnik der Prozesse erforderlich, aber auch regelungstechnische Modelle.
»Im Grunde müssen wir Teile der chemischen Industrie elektrifizieren und grüner Wasserstoff aus der Elektrolyse kann dafür ein Schlüssel sein.« Dafür will Preuster mit einem Team aus Chemie-Ingenieurinnen, Elektro- und Regelungstechnikern die komplette Verfahrenstechnik über die Wertschöpfungskette vom Strom über Elektrolyseur, Speicher und Brennstoffzelle zurück zum Strom betrachten. »Für jedes Glied der Kette wird es in Zukunft einen Markt geben, auch wenn die Kette als Ganzes selten an einem Ort und zu einer Zeit gebraucht wird«, ist sich Preuster sicher.
Seine Professur hat Preuster nun an der Technischen Hochschule Rosenheim aufgenommen, die traditionell gut mit dem Chemiedreieck Burghausen vernetzt ist. »Ich möchte Studierenden ermöglichen, an topaktueller Forschung teilzuhaben.« Dazu wird er Abschlussarbeiten, Praktika und Werkstudententätigkeiten an Prüfständen und somit anwendungsorientierte Lehre an realen Projekten ermöglichen. Aber auch die computergestützte Forschung zu digitalen Zwillingen – etwa für die Beschreibung von dynamisch betriebenen Prozessen – soll Teil der Lehre werden. Seine Grundlagenforschung an der Hochschule betrifft die stoffliche Energiespeicherung als Wasserstoff, Ammoniak, Dimethylether und LOHC, die dafür notwendigen chemischen Katalysen in zum Teil mehrphasigen Prozessen sowie die Sicherheit in Wasserstoffanwendungen.