TITEL-THEMA

 




 TITEL-THEMA 

Migration Richtung Ethernet-basierter Kommunikation 

Prozesstechnische Anlagen digitalisieren 

Derzeit betriebenen prozesstechnischen Anlagen sind teilweise schon seit Jahrzehnten im Einsatz und basieren häufig noch auf Automatisierungstechnik aus den späten 1990er oder frühen 2000er Jahren. Sie benötigen einen Innovationsschub, um wieder wettbewerbsfähig zu sein. Dazu bietet die Digitalisierung eine Chance. Sie ermöglicht effizienteres Arbeiten, einen besseren Einblick in die Prozesse und stellt darüber hinaus noch weitere Funktionalitäten zur Verfügung. Die Migration in Richtung Ethernet-basierter Kommunikation verspricht zudem mehr Offenheit und Übertragungsgeschwindigkeit. Bereits heute gibt es einige Lösungen zur entsprechenden Anlagenmodernisierung 

Die Digitalisierung von Prozessanlagen verspricht höhere Effizienz, erlaubt einen besseren Einblick in die Prozesse und erhöht die Funktionalität. Mit NOA und OPAS gibt es heute schon vielversprechende Lösungsansätze zur Modernisierung prozesstechnischer Anlagen.

Den Konsumenten hat die Digitalisierung schon verschiedene Neuerungen und Innovationen gebracht. Ohne es zu merken, denken sie jetzt in Social-Media- und Online-Aktivitäten. Emails haben die frühere Kommunikation per Brief oder Fax ersetzt. Das Smartphone ist zum Minicomputer in der Hosentasche geworden. Events und Aktionen finden teilweise nur noch online statt. Dies gilt jedoch weniger für die Prozessautomation. Die im persönlichen Umfeld fast selbstverständliche Verwendung von Ethernet- und Cloudtechnologie erfolgt hier lediglich in begrenztem Umfang. In vorhandenen Anlagen können nicht alle Assets – beispielsweise die teure feste Feldverkabelung und -installation – ersetzt werden. Die digitale Transformation bedarf vielmehr eines systematischen Denkens sowie pragmatischen Vorgehens.

Die NAMUR Open Architecture (NOA) eröffnet die Möglichkeit, bestehende Anlagen mit zusätzlicher Sensorik und Überwachungselementen auszurüsten. Unter dem Begriff „Monitoring and Optimization (M&O)“ – also Anlagenüberwachung und -optimierung – lassen sich neue Lösungen zusammen mit oder ergänzend zu den Prozessschritten installieren. Der zusätzliche digitale Datenfluss erstreckt sich vom Feldgerät über gesicherte Ethernet-Netzwerke bis zum Steuerraum und dies zwingend, ohne den laufenden Anlagenbetrieb zu stören. Je nach Wunsch kommen neue Technologien wie Machine Learning (ML), künstliche Intelligenz (KI) und Cloud-Dienste zum Einsatz. Obwohl das NOA-Konzept zur digitalen Transformation vorhandener Anlagen entwickelt worden ist, lässt es sich ebenso in neuen Anlagen realisieren. Denn Offenheit bedeutet auch Vielfalt sowie die Nutzung von Best-in-Class-Systemen, die nicht immer von einem einzigen Hersteller bezogen werden müssen. 

Prozessautomation | Phoenix Contact


Kooperation von OPAF und NAMUR

Die Open Process Automation basiert auf dem Gedanken einer modularen IT-Welt mit prozessgerechten Systemen sowie der langfristigen Verfügbarkeit und Austauschbarkeit von kritischen Elementen – etwa gegen verbesserte Technologien -, um die Anlagenverfügbarkeit - auch langfristig - sicherzustellen und zu erhöhen. Inzwischen hat sich mit OPAF (Open Process Automation Foundation) ein international aktives Konsortium namhafter Anlagenbetreiber, Prozesstechnik-Hersteller, Normungsorganisationen und Softwareunternehmen gebildet, das partnerschaftlich mit der NAMUR interagiert. Hard- und Softwarelieferanten arbeiteten in ersten Pilotprojekten eng zusammen. In Kombination mit dem kollektiven Know-how der Branchenspezialisten hat dies zu einer intensivierten Weiterentwicklung eines offenen Standards geführt. 

 

I/O-System Axioline F zur Umsetzung des NOA-Seitenkanals…

Die I/O-Produktfamilie Axioline F und die Steuerungen des offenen Ecosystems PLCnext Technology werden in den Pilotprojekten verwendet. Als modularer Baukasten mit hoher Datenrate wird Axioline F seit mehr als zehn Jahren international in unterschiedlichen Applikationen eingesetzt. Ursprünglich für die Fabrikautomation konzipiert, lässt sich die Baureihe ebenfalls zur Umsetzung des NOA-Seitenkanals respektive der Datendiode nutzen. Seit 2020 umfasst das Portfolio auch eigensichere I/O-Module für die NAMUR-Sensorik, HART-Kommunikation – neben der Weiterleitung von 4…20mA-Analogsignalen – sowie Ventilsteuerungen. Für bestehende 4…20mA-Stromkreise, die zwar die HART-Übertragung beherrschen, aber nicht mit HART-fähigen I/O-Karten ausgestattet sind, stehen ferner „passive“ HART-Eingangsmodule zur Verfügung.

Remote-I/O-Systeme | Phoenix Contact

Platzsparende Eigensicherheit mit einer optisch sichtbaren Trennplatte lässt sich sowohl beim abgebildeten Axioline P-System als auch bei Axioline F mit PLCnext-Steuerung realisieren.

Der Axioline P-Proxy bietet Redundanz für High-Power-Trunk-Versorgungselemente, die sich um bis zu acht Profibus-PA-Segmente ausbauen lassen, eine Schirmung für die Stammkabel und liefert 14 Watt Leistung pro Segment.

… und Axioline P mit Proxyfunktionalität

Auf der Achema 2018 in Frankfurt stellte Phoenix Contact im ersten Schritt mit Axioline P ein hochverfügbares I/O-System für die prozesstechnische Automatisierung vor. Auf der Grundlage der Spezifikation „Profinet in Process“ bietet die Baureihe sowohl konventionelle I/O-Module ebenso wie Profibus-PA-Proxyfunktionalität. Mit Profinet als erstem Ethernet-Kommunikationsanschluss sind Hot-Swap sowie eine dynamische Umkonfiguration der Station möglich. Darüber hinaus lässt sich das Axioline P-System zukünftig weiter ausbauen. Die Integration von bis zu acht Profibus-PA-Segmenten in eine Profinet-I/O-Station stellt eine Besonderheit dar. Bisher wurde Profibus PA über einen Profibus-DP-Koppler an die Steuerung angeschlossen. Die von der PI (Profibus International) zertifizierte Proxylösung unterstützt eine Ethernet-Übertragungsrate von 10/100 MBit, was zu Anlagenverbesserungen beiträgt. Die Axioline P-Proxys beinhalten außerdem Redundanz für High-Power-Trunk-Versorgungselemente, die sich auf bis zu acht Profibus-PA-Segmente erweitern lassen, sowie eine Schirmung für die Stammkabel. Ferner liefern sie 14 Watt Leistung pro Segment.

Für jede Applikation umfasst das Portfolio von Phoenix Contact eine Auswahl an I/O-Modulen mit und ohne Eigensicherheit. Die vorhandene Verdrahtung an die Feldgeräte bleibt erhalten. Klassische I/O-Module, die auf Profinet migriert werden können, sparen zudem Platz im Steuerschrank ein. Somit findet eine Bündelung des Anschlusses an die NAMUR-Sensorik, von HART-fähigen Ein- und Ausgangsmodulen sowie der Ventilsteuerung statt.  

Die eigensicheren I/O-Module beinhalten sowohl die eigensichere isolierte Stromversorgung als auch den I/O-Stromkreis. 

Integration der eigensicheren 
Stromversorgung in die Module


Die neuen eigensicheren Axioline F- und Axioline P-Module der Baureihen XC Ex erweisen sich als Innovation. Auf einer Baubreite von weniger als 55 Millimeter haben die Entwickler von Phoenix Contact die eigensichere Spannungsversorgung in die I/O-Module integriert. Auf diese Weise entfallen die bislang notwendigen eigensicheren Stromversorgungsmodule. Wo lässt sich die Ex-Version von Axioline F nun einsetzen? Das Axioline F-System stellt die Funktionalität bereit, die sich schon mehrfach in der NAMUR-Automatisierungspyramide als Seitenkanal bewährt hat. Darüber hinaus findet die Produktfamilie in Applikationen Anwendung, welche die Steuerungen der PLCnext Technology verwenden.

Axioline P eröffnet hingegen Optionen in klassischen Applikationen mit Remote-I/Os – und das auf der Grundlage einer Profinet-Verbindung. Die Module werden in Zone-2-Installationen genutzt, um Feldgeräte anzukoppeln, die in Zone 2 oder 1 montiert sind. Die Axioline P-Plattform unterstützt die Profinet-S2-Redundanz. Sobald die Spezifikation und die Teststandards veröffentlicht werden, folgt die Profinet-R1- und -R2-Redundanzstruktur. 

Der optische Unterschied zwischen den beiden I/O-Familien besteht darin, dass die Axioline F-Module einen schwarzen Spannungsversorgungsstecker haben. Die Axioline P-Module sind hot-swap-fähig und erhalten ihre Leistung über die in die Hutschiene integrierten Bussockel. Beide Baureihen verfügen über Trennplatten, welche die eigensicheren I/Os optisch von den Standard-I/Os separieren. 2024 wird eine Modbus-TCP-Variante der Axioline P-Familie in den Markt eingeführt, die neue Möglichkeiten in offenen Prozessapplikationen eröffnet – inklusive der Modbus-TCP-Redundanz. Erste Pilotprojekte laufen bereits.


Anschluss von bis zu acht Profibus-PA-Segmenten

In bestehenden Anlagen bietet sich der Austausch älterer Prozesssteuerungen gegen moderne Varianten nur dann an, wenn die existierende Verkabelung weiter eingesetzt werden kann. Zur Migration erlaubt die Axioline P-Plattform unter bestimmten Bedingungen den Anschluss von bis zu acht vorhandenen klassischen Profibus-PA-Segmenten mit sogenannten High-Power-Trunks sowie universellen I/O-Verbindungen bis ins Feld. Die heutigen I/O-Lösungen haben auch größenmäßige und ökonomische Vorteile im Vergleich zu I/O-Bauformen, die noch vor der Jahrtausendwende verbaut worden sind. Die eigensicheren I/O-Module beinhalten eine eigensichere isolierte Stromversorgung und den I/O-Stromkreis, was mehr Flexibilität gegenüber früheren Modellen gibt. Der Versorgungsanschluss befindet sich bei Axioline F oben auf dem Modul und bei Axioline P unten. Alle I/O-Anschlüsse sind steckbar ausgeführt.

Vor einigen Jahren wurden auf dem NAMUR-Kongress erste NOA- und OPA-Pilotlösungen vorgestellt. Die ersten Großprojekte stehen demnächst an. Große Bedeutung wird ebenfalls der APL-Technologie vorausgesagt. Die digitale Prozessanlage rückt mit all ihren Vorteilen also immer näher.

Die Axioline P-Station lässt sich an zwei seitlichen Terminatorblöcke erkennen, welche eine redundante Kommunikationsschleife auf der Tragschiene aufbauen.  

Zwei Axioline P-Varianten für die Profinet-Kommunikation

Remote-I/O-Module mit Hot-Swap-Funktion sind nur möglich, weil die Stromversorgung für die I/O-Module auf die Hutschiene verlagert wird. 


  Die I/O-Module lassen sich also austauschen, ohne benachbarte Module zu stören.


 Eine spätere Erweiterung der I/O-Lösung ist machbar und kann problemlos in der Station vorgenommen
 werden.


 Dynamic Reconfiguration (früher: Configuration in Run) erweist sich als ein wichtiger Bestandteil der
 Axioline P-Entwicklung.


  Axioline P bietet NAMUR-Sensorik, aktive HART-I/Os und passive HART-Eingänge. 


 Axioline P mit Profinet-Kommunikation steht in zwei Varianten zur Verfügung: ein PA-Proxy als Advanced
 Funktionalität oder als I/O-Station. Beide Varianten unterstützen die zukünftige R1- und R2-Redundanz. 


  Axioline P mit einer Datenübertragung via Modbus TCP unterstützt ebenso wie Profinet die Redundanz

 Funktionalität. Die Lösung kommt bei der Erneuerung von Wasser-/Abwasseranlagen zum Einsatz.


Die Axioline P-Station ist durch zwei seitliche Terminatorklemmen erkennbar. Sie bilden eine redundante Kommunikationsschleife auf der Tragschiene und sind Teil der Hot-Swap- und Ausbaufähigkeit.  

Autor


Arnold Offner

Strategic Marketing Manager, Process Automation Infrastructure, Phoenix Contact Inc., Harrisburg, USA