MSR & PROZESSAUTOMATION

Sichere Daten- und Leistungsverbindung 
für Feldgeräte

Prozessautomatisierung mit Ethernet-APL



Die Advanced Physical Layer-Technologie (APL) wurde für den Einsatz in eigensicheren Bereichen der Prozesstechnik entwickelt. Als Mitglied des „APL-Projekts“ treibt Phoenix Contact die Entwicklung hier maßgeblich voran – und bietet ein spezielles Produktprogramm für die Anschlusstechnik unter den besonderen Bedingungen der Branche.

Prozesstechnische Feldgeräte wie Sensoren, Transmitter und Regelventile gibt es seit Jahrzehnten in optisch nahezu unveränderter Bauform. Kein Wunder, da die Rohrwerke und Tanks, an die sie angeschlossen werden, genormt sind. Die Anlagen aus Stahl, Eisen und Beton sind zudem so langlebig, dass man sich keine Experimente erlauben kann – vor allem auch im Hinblick auf die erforderliche Robustheit unter den rauen Umgebungsbedingungen.

Dabei sind die Geräte im Kern deutlich intelligenter geworden. Typische Durchfluss- und Level-Transmitter oder auch Ventil-Positioner verbergen unter ihren harten Schalen inzwischen eine Vielzahl elektronischer und kommunikationstechnischer Komponenten. Mehrere Hundert Parameter warten in den Geräten darauf, eingestellt oder abgefragt zu werden. Neben der Übertragung des 4…20 mA-Signals wird seit rund 30 Jahren zumeist die HART-Technologie genutzt, aber auch Profibus PA, Foundation Fieldbus oder Modbus kommen hier zum Einsatz.

Mit der digitalen Transformation in der Prozessindustrie ist inzwischen die IP-basierte Kommunikation in den Vordergrund gerückt. Aus den Daten-mengen sollen Mehrwerte generiert werden – und das bestenfalls ohne eine Vielzahl der sonst benötigten und aufwändig zu konfigurierenden Gateways. Als Konsequenz daraus ist die Forderung nach einer sicheren und leistungsfähigen Ethernet-Anbindung für die Feldgeräte entstanden.


Zweidraht-Ethernet für die Prozessindustrie

Seit über fünf Jahren arbeitet Phoenix Contact zusammen mit Zulieferern und Anwendern der über die NAMUR (Interessengemeinschaft Automatisierungstechnik der Prozessindustrie e.V.) organisierten Chemischen Industrie daran, Ethernet für die raue Umgebung der Prozessindustrie nutzbar zu machen. Die notwendigen Standards der APL-Technologie entstehen in einem gemeinschaftlichen Projekt von vier Feldbus-Organisationen und zwölf Industriepartnern. Der Grundstein dafür wurde bereits vor gut 15 Jahren geschaffen, als der Arbeitskreis Feldbus der NAMUR einige einfache Regeln aufstelle. Diese waren ursprünglich für einen Feldbus gedacht – sie lassen sich aber 1:1 auf die Anforderungen an ein Prozess-Ethernet anwenden.

Z. B.: Durchflussmesser: Feldgeräte mit APL-Schnittstelle erlauben eine einfache Integration in übergeordnete Systeme.

Im Kern beschreiben die Regeln die bidirektionale Kommunikation und Energieversorgung über einen kurzschlussfesten und explosionsgeschützten Zweidraht über mindestens 1000 Meter. Inzwischen sind diese Anforderungen in den Arbeitskreisen um weitere Maßgaben erweitert worden:

  • Unterstützung aller Explosionsschutztechniken inklusive Eigensicherheit
  • Einfache Installations- und praxiserprobte Geräteanschlusstechnik auf allen Ebenen
  • Wiederverwendung des vorhandenen Feldbuskabeltyps „A“ zur Kostensenkung und einfacheren Migration vom Feldbus zu Ethernet-APL
  • Hohe Widerstandsfähigkeit gegen elektromagnetische Störungen
  • Unterstützung des Überspannungsschutzes in der Feldverkabelung


Das erweiterte Prozess-Ethernet trägt den Arbeitstitel „Ethernet-APL – Advanced Phyiscal Layer“. Ethernet-APL spezifiziert im Detail die Anwendung der Ethernet-Kommunikation auf Sensoren, Aktoren und Kommunikationsgeräte für die Prozessindustrie und unterstützt dabei auch übergeordnete Protokolle wie Ethernet-IP, HART-IP, OPC-UA und Profinet. Es basiert auf dem neuen Single-Pair-Ethernet-Schichtstandard 10Base-T1L (IEEE802.3cg-2019) und kommuniziert über Kabel-längen bis zu 1000 Meter mit 10 Mbit/s im Voll-duplex-Bereich. Damit ist es mehr als 300-mal schneller als aktuelle Technologien wie HART oder PA-Feldbusse. Daneben sind über den Zweidraht auch Leistungen bis zu 60 Watt übertragbar. Die Festschreibung der sogenannten „APL Port Profile Specification“ wird noch im Laufe des Jahres 2021 erwartet.

Sichere Versorgung von Feldgeräten mit Daten und Energie: Phoenix Contact bietet einfach zu bedie­nende Klemmen und Steckverbindungen nach APL-Standard.

Was bedeutet APL für die Feldgeräte?

Will man unter Einhaltung der Ex-Schutz-Grenzen in der bestehenden Topologie Feldgeräte mit Ener-gie versorgen, benötigt man nach dem Ohmschen Gesetz für eine Übertragungsstrecke von 1000 Meter ein Kabel mit einem Querschnitt von mindestens 1,5 Quadratmillimeter. Eine weitere Herausforderung liegt darin, dass der Anschluss durch weltweit unterschiedlich qualifizierte Fachkräfte erfolgt. Zudem wird häufig unter erschwerten Bedingungen gearbeitet: mit Arbeitshandschuhen, bei schlechter Beleuchtung, stehend auf einer Leiter an einer Rohrbrücke oder liegend unter einer Pipeline, bei 45 Grad in gleißender Sonne oder bei -45 Grad in extremer Kälte.

Auch wenn die neue APL-Spezifikation Leiterquer-schnitte im Bereich von 0,14…2,5 Quadratmillimeter nach AWG26-14 zulässt, sind größere Querschnitte in der Feldinstallation die bessere Wahl. Darauf deutet auch das vom APL-Projekt als Referenz dokumentierte Feldbuskabel nach IEC 61158-2, Type A, für die eigensichere Anwendung hin. Das Kabel mit den zwei Leitern plus Schirm wird in der Regel durch eine M20-Kabelverschraubung geführt und dann im engen Anschlussraum der Feldgeräte angeklemmt. Mit den dürren Drähten eines Standard-Datenkabels und angelegter Schutzkleidung ist das nicht möglich.

Phoenix Contact hat schon früh erkannt, dass vorhandene Netzwerkstecker die hohen Anforderungen der Prozessindustrie nicht erfüllen können – und dass eine völlige Neukonzeption aber auch nicht erforderlich ist. Daher hat das Unternehmen sich darauf konzentriert, bereits bewährte Anschlussklemmen für den neuen Ethernet-Einsatz zu qualifizieren. Dieser Weg ist nicht nur im Sinne der Anwender, deren Personal keine neuen Schulungen und Werkzeuge benötigt. Vorteilhaft ist dies auch für die Hersteller der Feldgeräte, die bestenfalls keine neuen Komponenten einführen und lagern müssen.

Von der Feldebene bis in die Sensorik: Dank der auf ein Aderpaar reduzierten Datenverkabelung und der erhöhten Reichweite ermöglicht SPE effiziente Übertragungskonzepte.

Auf dieser Basis bietet Phoenix Contact bereits heute ein Produktprogramm an Anschlussklemmen, wie sie typischerweise in Feldgeräten genutzt werden. Die Klemmen, die unterschiedliche Anschlusstechniken wie Schraube oder Push-in umfassen, wurden gemäß der APL-Port-Profile-Spezifikation getestet. Die Auswahl und Qualifikation beinhalten vor allem die Fähigkeit der störungsfreien Datenübertragung sowie die applikationsgerechte Bedienbarkeit der Anschluss-technik. Zusätzlichen Anschlusskomfort bieten Klemmen, die gemäß der Aderfarben eingefärbt, bedruckt und geblockt sind, um Anschlussfehler – etwa bei schlechtem Licht – zu vermeiden.


Schutz vor Störeinflüssen

Eine konstruktive Herausforderung, vor der Gerätehersteller und Schaltschrankplaner auch weiterhin stehen, ist die Schirmung. Wie jedes Kommunikationssystem ist APL zwar robuster als so mancher Feldbus, aber nicht immun gegen elektro-magnetische Störeinflüsse. Insbesondere in der Großindustrie spielen diese jedoch eine bedeu-tende Rolle – von Schalthandlungen in den Stromnetzen über Elektrolyse-Anwendungen bis hin zu riesigen frequenzgeregelten Antrieben. So müssen die Hersteller der entsprechenden Geräte neben der Nutzung von qualifizierten Anschluss-klemmen auch die Anschlussräume so gestalten, dass eine vollflächige und vor allem einfache Schirmverbindung zustande kommt. Auch hier bietet Phoenix Contact qualifizierte Unterstützung und entsprechende Komponenten. Damit steht dem Ethernet-Einsatz im Feld aus elektromechanischer Sicht nichts mehr im Weg.


Fazit

Ethernet-APL wurde speziell für die Prozess-industrie entwickelt – es erlaubt auch in explosionsgefährdeten Bereichen eine Ethernet-Kommunikation mit hoher Geschwindigkeit sowie über große Entfernungen bis 1000 Meter. Diesen Möglichkeiten muss die Anschlusstechnik der Schnittstellen folgen. Phoenix Contact bietet ein spezielles Produktprogramm handhabungsoptimierter Klemmen und Steckverbindungen für die sichere Daten- und Leistungs-Verbindung von Feldgeräten – Sensorik, Aktorik, Switches – gemäß der APL-Port-Profile-Spezifikation.

Single Pair Ethernet (SPE) in der Prozessautomation

Aufbau sicherer Netzwerkstrukturen



Neben den Prozessfeldgeräten gehören zu einem APL-Netzwerk auch Infrastruktur-Komponenten – etwa Field Switches, Power Switches, Überspannungsschutzgeräte und Verteilerkästen. Insbesondere für die Kommunikations-Infrastruktur favorisieren Entwickler, Planer und Anlagenbetreiber steckbare Klemmen, um zum Beispiel einen Field Switch bei Fehlfunktion schnell tauschen zu können. Ebenso favorisieren sie geeignete Reihenklemmen, um mehrere APL-Trunks vom Schaltraum ins Feld zu bringen und dort zu verteilen. Auch diese Anforderungen hat Phoenix Contact in seinem Produktprogramm bereits umgesetzt und entsprechende Komponenten qualifiziert.


Sophie Zeune
Marketing Media Manager,
Business Area Device Connectors bei

Phoenix Contact GmbH & Co. KG, Blomberg