CHEMIE
Realisierung wirtschaftlicher und nachhaltiger Ziele
Digitalisierung als Motor für die Chemie
Das Geschäftsklima in der Chemiebranche ist im August von minus 9,8 im Vormonat auf minus 5,6 Punkte gestiegen, ermittelte das ifo Institut im September 2024. Trotz der deutlichen Verbesserung von 4,2 Punkten hält sich die Euphorie in der Branche in Grenzen. Die Konjunktur schwächelt, die Produktion ist nicht ausgelastet, der bürokratische Aufwand steigt und Berichtspflichten nehmen zu. Hinzu kommt eine besonders schleppende Digitalisierung.
Ist Digitalisierung also ein Hindernis? Nein, im Gegenteil: Die Digitalisierung ist ein Motor. Sie eröffnet Unternehmen durch digitalisierte Daten und Prozesse völlig neue Einblicke und Handlungsmöglichkeiten. So lassen sich beispielsweise Produktion und Wartung vorausschauend planen und bürokratische Anforderungen leichter bewältigen.
Auch Wacker Chemie sah sich mit inkonsistenten und veralteten Plänen ihrer Produktionsanlagen konfrontiert. Daten waren vor allem dezentral gespeichert. Das hat einen erheblichen Aufwand im Engineering und in der Verwaltung verursacht. Die Zusammenarbeit entlang der Lieferkette war zudem umständlich, aufwändig und teuer – eine große Herausforderung für das Unternehmen.
Von Tradition zur technologischen Innovation
Seit der Gründung im Jahr 1914 hat sich das Familienunternehmen stark weiterentwickelt. Mittlerweile ist Wacker Chemie global tätig und beschäftigt rund 16.000 Menschen. Schwerpunkt ist die Produktion einer breiten Palette von Biolösungen, Silikonen, Polymeren und Polysilikonen für verschiedene Wirtschaftszweige, von der Automobil- und Transportindustrie bis hin zur industriellen Biotechnologie.
Trotz der globalen Herausforderungen verfolgt das Unternehmen ehrgeizige Ziele, darunter einen Umsatz von zehn Milliarden Euro bis 2030 und Netto-Null-Emissionen bis 2045. Um diese Ziele zu erreichen, benötigt es detaillierte Einblicke, denn man kann nur ändern, was man auch vollständig begreift. Wacker Chemie entschied sich daher für die Einführung von AVEVA Unified Engineering und AVEVA Point Cloud Manager im gesamten Unternehmen. Diese Softwares ermöglichen es, Engineering-Daten stets synchronisiert abzurufen und gemeinsam zu bearbeiten.
Effiziente Zusammenarbeit durch digitale Plattformen
AVEVA Unified Engineering bietet Ingenieurteams die Möglichkeit, in einer einheitlichen, datenzentrierten Umgebung zusammenzuarbeiten. Silos zwischen verschiedenen Projektphasen – von Front-End-Engineering bis hin zum Detaildesign – werden dadurch aufgelöst. Die Plattform integriert sämtliche 1D-, 2D- und 3D-Daten, was eine effiziente, disziplinübergreifende Zusammenarbeit in Echtzeit ermöglicht. Das Ergebnis ist eine optimierte Projektkontrolle und eine deutlich verkürzte Fertigstellungszeit, wodurch Unternehmen ihre Kapitalrendite maximieren können.
Mit dem AVEVA Point Cloud Manager können Unternehmen große Mengen an 3D-Scandaten effizient verwalten, visualisieren und analysieren. Die Software unterstützt bei der Erstellung und Verwaltung von digitalen Zwillingen und ermöglicht eine präzise Planung und Ausführung von Projekten durch die Integration von Punktwolken in bestehende CAD-Modelle. Die Genauigkeit und Effizienz in der Planung und Ausführung von Projekten wird dadurch erheblich verbessert, insbesondere in komplexen Industrieumgebungen.
Grundlage für den digitalen Zwilling
Durch die Einführung von Unified Engineering verfügt Wacker Chemie nun über ein einheitliches Modell, auf das alle relevanten Personen zugreifen können. Veraltete oder abweichende Versionen gehören der Vergangenheit an. Wacker Chemie kann dank des synchronisierten Arbeitens große Kapitalprojekte nun erheblich schneller umsetzen.
Bis Anfang 2024 wurden bereits 90 Prozent der neuen Projekte des Unternehmens in Europa auf AVEVA Unified Engineering in die Cloud migriert. Die cloudbasierte Lösung ermöglicht es Wacker Chemie, Wartungs-, Optimierungs- und Shut-Down-Verfahren parallel zu verwalten und die gemeinsame Datennutzung erheblich zu vereinfachen. Der Verwaltungsaufwand für die Modellpflege ist deutlich gesunken, die Software ist flexibel skalierbar und Teams können nun gleichzeitig trotz verschiedener Standorte an einem Projekt arbeiten.
Der cloudbasierte Datenaustausch bildet die Grundlage und Voraussetzung für das Herzstück der neuen Arbeitsweise von Wacker Chemie: Seinen ersten digitalen Zwilling – ein 3D-Echtzeit-Modell der bestehenden Anlagen. Durch die Cloud können Laserscans sowohl vor Ort als auch remote referenziert werden. In der Cloud hinterlegte IT-Standards des Unternehmens gewährleisten dabei stets sichere Abläufe der vernetzten Zusammenarbeit.
Diese vernetzte Zusammenarbeit funktioniert nun nicht mehr nur innerhalb der Teams an verschiedenen Standorten, sondern auch entlang der Lieferkette. Auftragnehmern und Stakeholdern des Unternehmens kann nun einfach der Zugriff auf alle benötigten Daten der Cloud genehmigt werden. Für das Münchner Unternehmen gehört der Versand externer Festplatten und USB-Sticks damit der Vergangenheit an.
Nachdem die Lösung in Europa bereits fast vollständig implementiert ist, plant Wacker Chemie ein ähnliches System für seine weltweiten Standorte. In der Produktionsanlage in Charleston, Tennessee in den USA, wird die Software bereits getestet und auch in China ist eine Implementierung vorgesehen.
Zusammenarbeit als zukunftsfähige Lösung
Die Digitalisierung stellt für deutsche Chemieunternehmen keine weitere Hürde im Wettbewerb dar, sondern eröffnet zahlreiche Möglichkeiten. Ein digitaler Zwilling ermöglicht erhebliche Effizienzgewinne und eine bessere interne und externe Abstimmung des Unternehmens. Gerade in herausfordernden Zeiten ist es schwierig für Unternehmen, in die Zukunft zu blicken. Eine sichere, vernetzte Zusammenarbeit hat sich für Wacker Chemie als wichtiger Antrieb erwiesen, effizienter zu arbeiten und die Unternehmensziele zu erreichen.
Autor
Awraam Zapounidis
Vice President Central and Eastern Europe
AVEVA