Materialveränderungen „hören“
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TÜV SÜD AG
Schwächen herkömmlicher Prüfmethoden
Das Gewährleisten der Integrität von Druckbehältern, Tanks und anderen sicherheitsrelevanten Anlagenkomponenten ist für Unternehmen in der Prozessindustrie unausweichlich. Laut der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) sind Überprüfungen von druckbeanspruchten Anlagenteilen in regelmäßigen Abständen verpflichtend. Bei herkömmlichen Prüfungen nehmen Sachverständige Anlagenkomponenten in Augenschein oder greifen auf hydrostatische Prüfmethoden zurück.
Bei beiden Varianten kommt es zu Produktionsausfällen und zu energieintensiven An- und Abfahrvorgängen. Das betrifft visuelle Prüfungen, bei denen prüfungspflichtige Behälter zum Teil begangen und besichtigt werden müssen genauso, wie die hydrostatische Methode, bei der Prüfflüssigkeiten in den Anlagenkreislauf oder die betreffenden Behälter gepumpt werden. Währenddessen steht die Anlage still und generiert keinen Umsatz. Zudem vergeht bei hydrostatischen Festigkeitsprüfungen im Nachgang viel wertvolle Zeit, die für die Trocknung vorgesehen ist. Bleibt trotzdem Feuchtigkeit in der Anlage zurück, steigt das Risiko für Korrosion.
Acoustic Emission Testing
Eine zunehmend praktizierte Prüfmethode für prozesstechnische Anlagen ist die Schallemissionsprüfung (AT). Im Rahmen der BetrSichV und einem mit einer zugelassenen Überwachungsstelle abgestimmten Prüfkonzept stellt sie eine akzeptierte Ersatzprüfung für herkömmliche Methoden dar. Dabei verwenden die Prüfingenieure zum Beispiel spezielle piezoelektrische Sensoren, die direkt an den Außenwänden von Druckbehältern, Tanks oder anderen in den Anlagen integrierten Maschinen positioniert werden. Zu solchen Maschinen gehören beispielsweise Pumpen, Turbinen, Kompressoren oder Motoren – so genanntes Rotating Equipment. Der große Vorteil dabei: es ist möglich, die Prüfungen im laufenden Betrieb vorzunehmen und die Verfügbarkeit der Anlage damit nicht einzuschränken.
In der Prüfpraxis reagieren die Sensoren auf kleinste elastische Wellen und Vibrationen, die unter Belastung entstehen und Rückschlüsse auf Fehler im Material geben. Das Acoustic Emission Testing ist also kein ausschließliches Prüfungstool, sondern fungiert auch als Instandhaltungsmethode, mit der Materialfehler identifiziert und Prognosen erstellt werden können, bevor es zu kritischen Situationen im laufenden Betrieb kommt. Damit bleibt mehr Zeit für das Planen von Instandsetzungsarbeiten. Außerdem lassen sich aus den Ergebnissen des Acoustic Emission Testing veränderte Strömungs- und Mischverhältnisse sowie etwaige Ablagerungen der in Behältern oder Maschinen verwendeten Medien ableiten. TÜV SÜD nutzt dabei ein einfaches digitales Tool, um Betreibern Kosteneinsparungen und weitere Vorteile des Acoustic Emission Testing zu veranschaulichen. Dies geschieht, bevor obligatorische Prüfungen nach der BetrSichV fällig werden und lässt den Betreibern die Möglichkeit, sich für die gewünschte Prüfmethode zu entscheiden.
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Sensoren, die miteinander sprechen
Zunehmend machen sich Unternehmen aus der Prozessindustrie das Prinzip der Schwarmintelligenz zunutze. Das ist der Entwicklung auf dem Gebiet der Sensortechnik geschuldet. Eine wichtige Erkenntnis dabei ist, dass es nicht immer die teuersten und leistungsstärksten Sensoren sein müssen. Mit zahlenmäßig mehr, dafür aber günstigeren Modellen, ist es sogar möglich, noch bessere Ergebnisse zu erzielen. Durch eine Vernetzung aller sich im Einsatz befindenden Sensoren, dem Implementieren von KI-gestützten Überwachungssystemen und der damit verbundenen Datenanalyse in Echtzeit, lässt sich die Betriebssicherheit, Effektivität und Effizienz der Anlagen steigern.
So lassen sich etwa Prozesse steuern und optimieren. Außerdem ist es möglich, Störungen vorauszusagen. Ein Beispiel für die Prozessoptimierung sind Mischprozesse, die kontinuierlich überwacht und bei Bedarf im laufenden Betrieb angepasst werden, um eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Zudem ist eine deutlich verkürzte Reaktionszeit beim Erkennen von Lecks und daraus resultierenden Stoffaustritten möglich.
Fallbeispiel für die Kostensenkung mit AT
Das Beispiel kommt aus der Produktion von Polymerharzen. In vielen Industrien wie etwa der Automobilindustrie ist diese gewichtseinsparende Kunststoffart nicht mehr wegzudenken und kommt bei Strukturteilen, Sicherheitsbauteilen oder der Innenausstattung zum Einsatz. In der betreffenden Chemieanlage kommt es zu hohen Temperaturunterschieden und Prozessen, die unter hohen Drücken ablaufen. Für die vorgeschriebenen Prüfungen veranschlagt der Betreiber eine jährliche Summe von rund einer Million Euro. Das umfasst auch Produktionsausfälle durch prüfungsbedingte Anlagenstillstände.
Beim Acoustic Emission Testing entfällt beispielweise das Auffüllen der Druckbehälter mit Prüfflüssigkeiten, was bei der hydrostatischen Prüfmethode notwendig ist. Damit reduzieren sich die Prüfkosten schon um geschätzte 360.000 Euro. Darin enthalten sind auch 160.000 Euro, die sich durch zwei eingesparte Tage Stillstandszeit ergeben.
Kein Austausch der Originalteile und Predictive Maintenance
Des Weiteren ermöglicht die AT-Methode auch Einsparungen bei den Kosten für neue Dichtungen, die nach dem Öffnen der Anlagenteile notwendig werden. Da etwa bei großen Prozessreaktoren die visuelle Prüfung durch eine Begehung entfällt, bleiben die Originalteile in der Anlage. Gleichzeitig sinkt durch das AT die Wahrscheinlichkeit für Leckagen. Der Einsparungsbetrag liegt bei jährlichen 25.000 Euro.
Auch können Betreiber mit dem Verwenden von AT Predictive-Maintenance-Maßnahmen umsetzen. Das liegt daran, dass mit dem AT Fehlstellen im Material wie Risse oder Korrosion früher erkennbar sind. Durch eine vorausschauende Wartungsplanung vermeiden Unternehmen ungeplante und damit kostspielige Instandsetzungen, die unter Umständen auch mit Produktionsstillständen verbunden sind. Ganz nebenbei erhöht sich dabei auch die Einsatzdauer der Anlagenkomponenten. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die Materialbelastung durch überflüssig gewordene und energiezehrende An- und Abfahrten der Anlage geringer wird. In Summe bedeuten diese Vorteile 50.000 Euro jährliche Einsparung gegenüber herkömmlichen Prüfungen.
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