ANTRIEBSTECHNIK & MECHANIK

 Automatisierung in der Speiseölindustrie 

Motor-Frequenzumrichter-Paket bringt Effizienz

Dem International Food Policy Research Institute zufolge steuert Pflanzenöl weltweit rund zehn Prozent der täglichen Kalorienzufuhr bei. Damit ist Speiseöl nach Getreide die zweitwichtigste Lebensmittelgruppe. Jedoch wirken sich unsere globalen Herausforderungen auf die Speiseölbranche ebenso nachteilig aus wie auf andere Sektoren. 

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Ölabfüllung Quelle: Adobe Stock
ABB Motion Deutschland

Steigende Energiepreise und Rohstoffkosten, geopolitische Ereignisse, Vorschriften und saisonbedingte Nachfrageänderungen drücken auf die Produktionsmargen. Gleichzeitig wächst die Nachfrage nach Speiseöl, teilweise auch aufgrund der Möglichkeit, dieses als Biokraftstoff verwenden zu können. 

Um den Druck durch diese herausfordernden, kostensensiblen Bedingungen abzufedern, müssen Speiseölhersteller Wege finden, um die Zuverlässigkeit und Produktivität ihrer Fertigungsprozesse zu steigern. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Verbesserungen in den Bereichen Effizienz, Steuerung und Automatisierung. Durch den Einsatz der richtigen Technologie im Fertigungsprozess können Hersteller den Energieverbrauch senken, Stillstandszeiten minimieren und sicherstellen, dass ihre Anlagen regulatorische Anforderungen und Sicherheitsvorschriften erfüllen.

Energieeffizienz und Einsparungen

Die Speiseölproduktion ist ein komplexer, mehrstufiger Prozess. Mit strengen Kontrollen und präziser Ausrüstung muss sichergestellt werden, dass die Produkte den anspruchsvollen Standards für die Lebensmittelsicherheit gerecht werden. In vielen Prozessschritten kommen zudem energieintensive Betriebsmittel wie Sterilisatoren, Pressen, Zentrifugen und Kessel zum Einsatz. Der Stromverbrauch stellt für Speiseölhersteller daher in der Regel den größten Kostenfaktor dar. Die Wahl energieeffizienter Ausrüstung ist somit von entscheidender Bedeutung, um steigenden Energiepreisen entgegenzuwirken und profitabel zu bleiben. Elektromotoren bieten großes Potenzial zur Verbesserung der Energieeffizienz, weil in vielen Werken immer noch alte, ineffiziente Motoren im Einsatz sind. 

In Europa, China und mehreren anderen Ländern wird der Wirkungsgrad eines Motors mit der internationalen Energieeffizienzkasse (IE) angegeben, von IE1 bis IE5. Je höher die IE-Klasse, desto effizienter der Motor, wobei jede IE-Stufe für eine 20-prozentige Minderung der Energieverluste gegenüber der vorherigen Klasse steht. IE4-Motoren weisen also 20 Prozent weniger Verluste auf als IE3-Motoren. Die effizienteste Klasse, die heute zur Verfügung steht, ist IE5. Viele Speiseölfabriken arbeiten jedoch noch immer mit IE2- oder IE3-Motoren. 

Der Elektrifizierungs- und Automationsexperte ABB berichtet, dass die Aufrüstung eines vorhandenen IE3-Motors auf ein Paket aus Synchronreluktanzmotor (SynRM) der Ultra-Premium-Klasse IE5 und Frequenzumrichter eine Verringerung der Energieverluste um bis zu 40 Prozent ermöglicht. Angesichts der hohen Strompreise amortisiert sich die Investition in einen effizienteren Motor allein aufgrund der geringeren Energiekosten oft in nur wenigen Monaten. Bei den meisten Anwendungen können vorhandene Motoren problemlos durch effiziente moderne Varianten ausgetauscht werden, was das Upgrade zusätzlich vereinfacht.  

Selbst wenn keine SynRM-Technologie verwendet wird, können Betreiber viel Energie sparen, indem sie vorhandene Motoren mit einem Frequenzumrichter kombinieren. Ohne Frequenzumrichter laufen Motoren ständig mit voller Drehzahl und verbrauchen viel Strom. Motoren können zwar mechanisch gedrosselt werden, dabei wird aber Energie verschwendet. Verglichen werden kann dies damit, dass man die Geschwindigkeit eines Autos durch Betätigung der Bremse regelt, ohne den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. 

Ein Frequenzumrichter passt Drehzahl und Drehmoment des Motors an die Gegebenheiten an und spart Energie, sobald der Motor nicht auf vollen Touren läuft. Das ist deshalb besonders interessant, weil sich die vom Motor verbrauchte Energie proportional zum Quadrat der Drehzahl verhält. Folglich kann eine Reduzierung der Drehzahl um 20 Prozent den Stromverbrauch halbieren. In der Vergangenheit machte sich die Anschaffung eines Frequenzumrichters meist in ein bis zwei Jahren bezahlt. Die hohen Energiepreise haben die Amortisationszeit jedoch erheblich verkürzt, was auch für effizientere Motoren gilt. 

Frequenzumrichter ermöglichen eine präzise Motorregelung. In Pumpanwendungen können Betreiber Frequenzumrichter zum Beispiel so einstellen, dass der Punkt mit dem höchsten Wirkungsgrad der Pumpe (BEP) erreicht wird. Moderne Frequenzumrichter erleichtern Betreibern zudem die Aufrechterhaltung der Produktqualität, indem sie Echtzeitdaten zu Energieverbrauch und Motordrehzahl liefern. 

Harmonische Oberschwingungen – auch „Netzverschmutzung“ genannt – ist ein gängiges Problem, das zu einer schlechten Energieeffizienz beiträgt. Ans Stromverteilungsnetz angeschlossene nichtlineare Verbraucher können erhebliche Probleme verursachen, wenn die Abweichungen von den erwarteten Strom- und Spannungswerten bestimmte Grenzen überschreiten. Das führt im Netz zum Verlust von Energie, die sonst im Betrieb sinnvoll genutzt werden könnte. Darüber hinaus kann die Belastung des Netzes durch Oberschwingungen auch zu Schäden an der Ausrüstung führen. 

Frequenzumrichter sorgen zwar für erhebliche Effizienz- und Leistungsverbesserungen, können aber auch Oberschwingungen verursachen. Betriebe oder Planer kompensieren Oberschwingungen häufig durch überdimensionierte Komponenten oder Kabel. Dieses Vorgehen ist jedoch teuer und unnötig. Eine zweckmäßigere Lösung im Zusammenhang mit Oberschwingungen liegt darin, von vornherein Ultra-Low Harmonic Drives einzusetzen, die den Oberschwingungsgehalt um bis zu 97 Prozent reduzieren.

Wartung und Steuerung

Moderne Motoren und Frequenzumrichter, wie die von ABB, sind nicht nur leistungsfähiger und energieeffizienter, sondern bieten auch integrierte Konnektivitätsfunktionen. Viele Geräte sind mit Sensoren ausgestattet, die zur einfachen Steuerung und Überwachung mit dem Netzwerk eines Unternehmens verbunden sind. In Verbindung mit speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) können Betreiber die Ausrüstung so einstellen, dass sie sich automatisch anpasst und kontinuierlich Höchstleistung erbringt. 

Betreiber können Daten von Maschinen zur Speiseölherstellung zu verschiedenen Zwecken analysieren und beispielsweise identifizieren, welche Systeme den meisten Strom verbrauchen. Dann können sie die Ursache ermitteln – etwa überdimensionierte oder wenig effiziente Komponenten – und beseitigen, um langfristige Kosteneinsparungen zu erzielen. Cloud-Konnektivität macht es heute möglich, Maschinen mit Echtzeit-Transparenz im Fernzugriff zu steuern und zu überwachen. Besonders hilfreich war dies während der Corona-Pandemie, als Mitarbeitende aufgrund von Lockdowns oftmals nicht vor Ort arbeiten durften. 

Umfangreiche Daten erlauben zudem vorausschauende Wartung, ehe es zu Funktionsstörungen kommt. Wenn im Rahmen der Fernüberwachung beispielsweise festgestellt wird, dass die Betriebstemperatur eines Lagers die vom Betreiber vorgegebenen Parameter überschreitet, kann über die Cloud-Plattform eine Warnung abgesetzt werden. Der Betreiber kann dann eine fundierte Entscheidung darüber treffen, ob die Anomalie ein sofortiges Eingreifen erfordert oder die Ausrüstung bis zur nächsten geplanten Wartung mit geringerer Last weiterlaufen kann.


Sicherheit und Compliance

Als Verbrauchsgut unterliegt Speiseöl strengen Sicherheitsstandards. Hygieneanforderungen und hohe Produktionsgeschwindigkeiten in Einklang zu bringen, kann in der Praxis jedoch schwierig sein. Diese Herausforderungen können gemeistert werden, wenn die richtigen Frequenzumrichter, Motoren und Steuerungen ausgewählt und Best-Practice-Verfahren angewandt werden. 

Betreiber müssen die geeignete Ausrüstung für die jeweiligen Betriebsbedingungen spezifizieren. Beispielsweise können Standardkomponenten in warmen Umgebungen mit hohem Druck ein Sicherheitsrisiko darstellen. Geräte, die speziell auf herausfordernde Betriebsumgebungen ausgelegt sind, sind ohne weiteres erhältlich. Eine weitere Sicherheitsmaßnahme liegt darin, einen möglichst präzisen und effizienten Betrieb der Ausrüstung zu gewährleisten. Moderne Lösungen wie SynRM-Motoren und ein höherer Automatisierungsgrad verringern die Zahl unnötiger manueller Eingriffe und senken dadurch die Unfallgefahr.

Technologie in der Praxis

Die Raffination ist ein entscheidender Prozess in der Speiseölproduktion, weil dabei Verunreinigungen entfernt werden. Ein typischer Kühlturm, der bei der Ölgewinnung für verschiedene Anwendungen genutzt wird, verbraucht viel Strom. Abhängig von der Art des Vorgangs entfallen 20 bis 40 Prozent des gesamten Stromverbrauchs eines Werks auf den Kühlturm. 

In den meisten Verarbeitungsanlagen werden die Kühlturm-Lüfter mit Motoren ohne Frequenzumrichter angetrieben. Das heißt: Die Lüfter laufen auch bei minimalen Lastanforderungen mit voller Drehzahl. Dieses Vorgehen verschwendet Strom und erlaubt nur eine begrenzte Steuerung des Prozesses. Werden IE3-Motoren für den Antrieb der Lüfter und Pumpen im Kühlturm auf Pakete aus IE5-SynRM-Motor und Frequenzumrichter umgerüstet, reduzieren sich die Energieverluste im Kühlturm um bis zu 40 Prozent. Das kann den Gesamtstromverbrauch des Werks um 16 Prozent senken.

Auch die Produktionsqualität profitiert von moderner Motortechnologie. Es ist möglich, die Lüfterdrehzahl in einem geschlossenen Kreislauf anhand des Rücklauf-Headers zu regeln, um jederzeit eine optimale Funktionsweise sicherzustellen. 

Eine weitere wichtige Maschine für die Herstellung von Speiseöl ist der horizontale Dekanter. Er besteht aus einer rotierenden zylindrischen Trommel und einer Förderschnecke und nutzt die Zentrifugalkraft zur Trennung von Feststoffteilchen und Flüssigkeiten. Die Trommel braucht viel Zeit für den Hochlauf und wird daher im Betrieb selten abgeschaltet. Viele Werke verwenden Motoren ohne Frequenzumrichter und regeln die Drehzahl des Dekanters über Drosselung. Das wirkt sich jedoch nachteilig auf die Präzision aus und bringt zudem potenzielle Sicherheitsprobleme mit sich. 

Eine Investition in ein Motor-Frequenzumrichter-Paket ist hier die zweckmäßigere Lösung. Frequenzumrichter ermöglichen eine präzise Motorregelung und einen fortlaufenden Betrieb bei kurzzeitigen Stromausfällen. Das spart Energie und verlängert die mechanische Laufzeit des Motors. Außerdem trägt es zu einer deutlich höheren Produktqualität bei. Darüber hinaus gewährleisten Frequenzumrichter eine sanfte Beschleunigung und bieten damit einen besseren Ansatz für den Maschinenhochlauf bei hohem Drehmoment. Auch Sicherheitsvorteile bringen die Geräte mit sich: Sie überwachen kontinuierlich die Motordrehzahl und bieten zusätzliche Funktionen wie Überdrehzahlschutz, Safe-Torque-Off (STO) und verschiedene Bremsoptionen. 

 

Langfristige Perspektive

Die Speiseölindustrie ist im Wandel begriffen. Sie steht vor mehreren Herausforderungen, von denen einige neu, einige altbekannt und einige vorübergehender Natur sind. Gleichwohl sind sie alle Teil eines größeren Trends. Um diese Herausforderungen zu bewältigen und die Zukunft der Branche sicherzustellen, muss das Gesamtbild betrachtet werden. 

Betreiber müssen langfristig rationale Entscheidungen treffen, indem sie alle über den Lebenszyklus der Ausrüstung anfallenden Kosten (TCO) und nicht nur die Anschaffungskosten berücksichtigen. Die Spezifikation der richtigen Geräte für jeden Prozess gewährleistet einen optimierten Betrieb und macht es möglich, die Herausforderungen von heute zu meistern und so den Erfolg von morgen zu sichern.